+++ Update am 1. 12. – Der Verband rudert zurück. +++
Jetzt doch keine Annäherung an die AfD. Der Verband der Familienunternehmen rudert nach massiver öffentlicher Kritik und einer Reihe von Austritten nach seiner Stellungnahme zum Umgang mit der AfD (Bericht unten). zurück.
Die Vorsitzende, Unternehmerin Ostermann aus Hamm, erklärt sich in einer neuen Stellungnahme am Montag, 1. Dezember, wie folgt:
„Leider ist das Gegenteil von dem passiert, was wir wollten. Wir haben Abgeordnete der AfD zum Parlamentarischen Abend eingeladen, damit sie auch von uns hören, dass ihr Programm wirtschaftsfeindlich ist und dem Standort Deutschland schadet.
Leider ist öffentlich – auch durch Äußerungen der AfD – der falsche Eindruck entstanden, dass wir die Partei stärken wollten. Das Gegenteil ist richtig: Wir distanzieren uns von Extremisten und lassen uns von ihnen nicht vereinnahmen.
Wir erkennen an, dass sich diese Einladung als Fehler erwiesen hat und nicht zu dem geführt hat, was wir beabsichtigt haben. Wir müssen andere Wege der Auseinandersetzung finden, wie wir der AfD kritisch begegnen und gleichzeitig deutlich machen können, wofür wir stehen. Das werden wir in den nächsten Wochen und Monaten mit unseren Mitgliedern diskutieren.
Klar ist auch: Wir werden uns auch in den kommenden Landtagswahlen klar und sichtbar gegen die AfD positionieren. Wir wollen als Verband auch künftig wieder für das wahrgenommen werden, für das wir stehen: Demokratie, Marktwirtschaft, Wirtschaftswende und Reformen.
Wir sind eine Stimme der Vernunft.“
Marie-Christine Ostermann
Präsidentin DIE FAMILIENUNTERNEHMER
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Mit seiner Mitteilung, sich Politikern der AfD für fachliche Austausche zu öffnen, hatte der Verband der Familienunternehmer unter Vorsitz der Hammer Unternehmerin Marie Ostermann heftige Diskussionen ausgelöst.
Die Drogeriekette Rossmann verkündete in der letzten Novemberwoche ihren Ausstieg aus dem Verband. Konkurrent dm hingegen positioniert sich mit einer neutralen Stellungnahme – und fand sich in der rechten Ecke wieder.
Vor eineinhalb Jahren noch veröffentlichte „Die Familienunternehmer“ ein Analysepapier über die „wirtschaftsfeindliche Politik der AfD“. Der Lobbyverband um seine Präsidentin Marie-Christine Ostermann aus Hamm verhängte für seine Mitgliedder (nach eigenen Angaben 6500) ein Kontaktverbot zu AfD-Bundestagsabgeordneten.
Doch, so Ostermann in einer Verbandsmitteilung:
Die Hoffnung, dass man ein Viertel der bundesdeutschen Wähler durch moralische Ausgrenzung zur Umkehr bewegen könne, sei nicht aufgegangen. In einem Interview mit der WirtschaftsWoche ergänzte sie:
„Deswegen haben wir gemeinsam entschieden, dass wir diese Brandmauer im Sinne eines totalen Kontaktverbotes mit der Partei aufheben.“
In etwa den sozialen Medien erntete die Verbandspräsidentin für den Vorstoß herbe Kritik.
Wie viel Annäherung an die AfD ist „erlaubt“, wie viel Distanz ist „geboten“?
Verband der Familienunternehmen: Mit einem Andersdenkenden zu diskutieren heißt nicht, seine Positionen zu akzeptieren
„Wir Familienunternehmer haben uns schon lange kritisch mit der AfD auseinandergesetzt (z.B. beim Handelsblatt). Als einziger großer Bundesverband der Wirtschaft haben wir im Landtagswahlkampf in Sachsen mit der Flughafenaktion „Keine Reise ins Blaue“ Farbe bekannt. Auch im Landtagswahlkampf in Thüringen haben wir uns klar gegen die AfD ausgesprochen und klar gemacht, dass die AfD nicht nur für Ostdeutschland ein Wirtschaftsrisiko ist. Das gleiche während der Bundestagswahl.
Unsere Meinung über die AfD hat sich nicht geändert: Wir halten sie für nicht regierungstauglich – und zwar nicht nur wegen ihrer in sich widersprüchlichen und überwiegend falschen Wirtschafts- und Sozialpolitik, sondern auch wegen ihres Gesellschaftsbilds – das lehnen wir klar ab.
Warum wurden Fachpolitiker der AfD zum Parlamentarischen Abend eingeladen?
Im Oktober haben wir alle Parteien, die im Bundestag vertreten sind, zu unserem Parlamentarischen Abend eingeladen, auch die Linke und die AfD. Wir halten es für wichtig, dass man sich mit den Inhalten der Parteien auseinandersetzt, und bei dieser Veranstaltung konnten sich Politiker und Unternehmer austauschen. Ein Politiker der AfD ist gekommen, von den Linken aber niemand. Wir haben den Politikern keinerlei Bühne gegeben. Sie haben keinerlei Reden gehalten.
Gibt es einen Beschluss des Verbandes, die AfD künftig zu Veranstaltungen einzuladen?
Dass wir mit einzelnen AfD-Fachpolitikern auf bundespolitischer Ebene ins Gespräch kommen, ohne ihnen eine Bühne zu geben, haben wir im Frühjahr mit unserem Bundesvorstand, unseren Landesvorsitzenden und unseren Kommissionsvorsitzenden beschlossen und die Rückmeldungen aus der Mitgliedschaft unterstützen dieses Vorgehen.
Auch bei anderen Wirtschaftsverbänden und Kammern ist das Usus.
Warum redet der Verband mit der AfD?
Mit einem Andersdenkenden zu diskutieren, heißt nicht seine Positionen zu akzeptieren. Reden heißt nicht zusammenarbeiten. Und wer gar nicht mehr redet, hat inhaltlich aufgegeben.
– gerade diejenigen überlassen das Feld den Extremisten. Demokratie lebt vom Streit um die besten Inhalte, nicht vom Schweigen.
Wie stellt der Verband die AfD inhaltlich?
Die AfD gibt sich gern als Schutzmacht des deutschen Mittelstands – doch die Wirtschaftspolitik der AfD ist im Ergebnis gegen die Interessen der Familienunternehmen und ihrer Beschäftigten gerichtet. Wir Familienunternehmer haben schon Anfang 2024 die wirtschaftspolitischen Vorstellungen der AfD auf Herz und Nieren geprüft – und zeigen in einem Analysepapier auf, was für Unternehmen, Mitarbeiter und Arbeitsplätze auf dem Spiel steht, wenn diese überwiegend falschen und in sich widersprüchlichen Rezepte Wirklichkeit werden sollten.
dm: Nein zu polarisierender Brandmauerdebatte, Nein zu AfD-Positionen, die die Demokratie in Frage stellen

Die Drogeriekette dm erklärt in einer Stellungnahme:
„In den vergangenen Tagen hat dm-drogerie markt zahlreiche Rückmeldungen zu Christoph Werners Beitrag zu einer differenzierten und sachlichen Auseinandersetzung und einer lebendigen Demokratie erhalten. Diese Resonanz auf die Äußerungen des Vorsitzenden der dm-Geschäftsführung in der Süddeutschen Zeitung zeigt: Viele Menschen in Deutschland sind bereit, sich für die Grundprinzipien der Demokratie einzusetzen. Für deren Gelingen braucht es jede und jeden Einzelnen.
Christoph Werner betont:
„dm lehnt eine polarisierende Brandmauer-Debatte ebenso entschieden ab wie Positionen der Partei AfD, die die freiheitlich-demokratische Grundordnung infrage stellen.
Eine lebendige Demokratie ist uns ein Anliegen. Wir setzen uns für eine sachliche und tiefgründige Auseinandersetzung ein – das entspricht unserem gelebten Miteinander bei dm und wir haben diese Haltung auch aktuell wieder klar artikuliert.“
Zudem stellt Werner klar, dass dm bereits vor vielen Monaten aus dem Verband „Die Familienunternehmer“ ausgetreten ist. „Daher steht es uns nicht zu, dem Verband Ratschläge zu erteilen, wie er mit bestimmten Parteien umgehen möchte.“
Quellen: dm, Rossmann, Verband der Familienunternehmen, Wirtschaftswoche

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