Geballter Unmut schlug der Bürgermeisterin und ihren Verwaltungsfachleuten entgegen, mehrfach wurde es laut, immer wieder schallten wütende Zwischenrufe durch den Raum.
Bei der Bürgerversammlung zu den geplanten Flüchtlingscontainern im Fröndenberger Ortsteil Strickherdicke stand die Stadtspitze am Dienstagabend (21. Mai) mit dem Rücken zur Wand.
Dies sowohl buchstäblich (die Besucher drängten sich im völlig überfüllten Saal bis nach draußen) als auch im übertragenen Sinne:
Denn nach der völlig missglückten und intransparenten (Nicht-)Ankündigung dieses Informationsabends, der eigentlich gar nicht hatte öffentlich werden sollen, bekamen Bürgermeisterin Sabina Müller (SPD) und ihre Fachbereichsleiter beim überwiegenden Teil der Dorfbewohner kaum ein Bein auf den Boden.
Die Stimmung war von der ersten Minute an ziemlich gereizt, ebenso gereizt verbat sich die Bürgermeisterin schon bei der Begrüßung der teils noch draußen wartenden Besucher das erste Pressefoto. „Das muss jetzt wirklich noch nicht sein!“
Müller selbst übernahm in den anschließenden zwei Stunden den geringsten Redepart. Sie mahnte die Besucher eingangs an einen sachlichen und behutsamen Umgang mit diesem „in Fröndenberg sehr sensiblen“ Thema der Flüchtlingsunterbringung und beschwor:
„Es geht hier um Menschen. Das sollten wir uns alle bewusst machen.“
Bewusst machen mussten sich Müller und ihr Leitungsstab dann anschließend selbst allerdings, wie sehr die intransparente Informationspolitik der Stadt über diese Flüchtlingsunterbringungen die Bewohner des betroffenen Ortsteils verstimmt und zornig gemacht hat.
Die Atmosphäre im überfüllten Saal war sehr unentspannt. Praktisch von der ersten Minute an gab es erregte Zwischenrufe, die gipfelten in der wütenden Ankündigung: „Ihr werdet nicht mehr gewählt! Keiner von euch wird wiedergewählt!“ Oder im zornigen Konter: „Es geht um Menschen? Ja, Frau Bürgermeisterin! Auch wir sind Menschen!“
Hier Kernpunkte der gut zweistündigen Veranstaltung.
Welche Art von Unterbringung ist konkret geplant?
Laut Darstellung der Stadt handelt es sich bei den Unterbringungen um zwei Wohneinheiten, die auf der Wiese am Gemeindehaus (Schule) aufgestellt werden sollen. Die Maße; 6 mal 3 Meter, 3 Meter Höhe.
Jede Wohneinheit hat drei Schlafräume, ein Bad und einen Gesellschaftsraum. „Sechs Container, davon reihen wir jeweils drei aneinander.“ Die Größe; 45 Quadratmeter, „nicht mal eine komfortable Mietwohnung“. Die Kosten bezifferte Kämmerer und Beigeordneter Heinz-Günther Freck (CDU) mit 650.000 Euro, komplett aus Fördermitteln des Landes finanziert.
Was für Menschen sollen in den Containern untergebracht werden?
Die Asylbewerber werden den Kommunen vom Land zugewiesen. Die Stadt hat weder Einfluss auf die Herkunftsländer noch auf den Asylstatus der Zugewiesenen, auch nicht darauf, ob Familien oder alleinreisende Männer kommen. Letzteres stellte sich schnell als einer der großen Knackpunkte heraus.
„Werden es Männer von denen sein, die sich derzeit noch in der Zeltstadt Selm-Bork befinden – die ja nach Ankündigung der Bezirksregierung mit der Schließung der Zeltstadt auf die Kommunen verteilt werden sollen?“, hakte eine Bürgerin nach. Antwort Freck: „Wir gehen nicht davon aus. Auch in Zukunft soll hier überwiegend mit Familien geplant werden.“
– „Also können Sie es nicht zusichern!“, warf ein Besucher ärgerlich ein, „Sie können uns hier überhaupt nichts versprechen!“
Freck machte es dann noch einmal so konkret wie offenbar möglich: „Es ist nicht beabsichtigt, hier junge Männer unterzubringen.“ Das habe beim letzten Mal auch geklappt.
„Neues Spiel, neues Glück!“
Wie viele Asylsuchende werden überhaupt in diesen Containern einquartiert?
Bei der Antwort „acht“ erhob sich ungläubiges Gelächter im Raum. Die anwesenden Verwaltungsvertreter rechneten vor – zwei Wohneinheiten für jeweils 4 Personen angelegt, macht 8. Mancher im Raum fühlte sich „regelrecht veralbert“, wie sich eine Besucherin verärgert Luft machte: „Dann stellt man da Stockbetten rein, und schon sind es mal eben doppelt so viele und wahrscheinlich alles Männer.“
Widersprechen konnten die Stadtvertreter auch diesem Argwohn nicht, denn „wir wissen definitiv nicht, wer kommt, und haben auch keinen Einfluss darauf.“
Acht Personen – das mochte kaum ein Anwesender glauben.
„Für acht Leute pflastern Sie hier die Wiese zu, roden die Büsche und stellen derart teure Container auf?!“, schlug die wütende Kritik den Stadtvertretern entgegen. „Wieso mieten Sie nicht einfach für einen Bruchteil des Geldes eine Wohnung an?“
Das habe man sondiert, das sei so einfach nicht, es gebe Auflagen wie zum Beispiel Brandschutz… Argumente, die für die Bürger nicht glaubwürdig wirkten. Jedenfalls sah man Kopfschütteln, hörte ärgerliches bis offen amüsiertes Gelächter.
Die Stadt habe nun mal Aufnahmequoten zu erfüllen, unterstrich Beigeordneter Freck, „darüber kann man sich jetzt aufregen, man kann es aber auch lassen.“ Einige Male geriet der gewiefte Verwaltungsmann akut in Verlegenheit, so etwa, als ihm eine Bürgerin vorhielt, dass „auf den Seiten der Stadt“ (gemeint war der Haushaltsplan) 1,5 Millionen Euro zu lesen seien für Wohncontainer.
Die genaue Summe blieb dann irgendwie unklar, jedenfalls wiederholte Freck, dass die 650.000 Euro für die Flüchtlingscontainer komplett gegenfinanziert seien durch Fördergeld. Dass dies ebenfalls Steuergeld sei, darauf ging er nicht ein.
Wie lange sollen die Menschen in den Containern wohnen bleiben? Wie sieht das begleitende Integrationskonzept aus?
Der Containerstandort selbst ist auf 5 Jahre angelegt, auch, um eine Raumreserve zu haben und nicht im Notfall (wieder) Turnhallen belegen zu müssen, wie die Bürgermeisterin im Rückblick auf das Jahr 2015 unterstrich. „Gerade weil wir keine Sporthallen belegen wollen, haben wir uns für diese Containerlösung entschieden.
„Werden Mitarbeiter beschäftigt für Reinigung, für die Küche, wollte eine Bürgerin wissen: „Nichts von alldem“, antwortete Beigeordneter Freck.
„Wir setzen auf Selbstversorgung, Selbstständigkeit und Eigenverantwortung.“
Man versuche die Menschen „in die Gesellschaft zu integrieren“, beteuerte gleichwohl der neue Fachbereichsleiter Soziales, Weischer, so habe es erste Gespräche mit Arbeitgebern gegeben.
„Wir brauchen diese Zuweisungen auch für den Arbeitsmarkt. Sie müssen da gar nicht drüber lachen.“
Wieso gerade Strickherdicke – ein Dorf ohne Einkaufsmöglichkeiten, mit suboptimaler Verkehrsanbindung? Was spricht für diesen Standort, was gegen Alternativstandorte?
„Es macht doch keinen Sinn, Standorte gegeneinander auszuspielen“, wich Heinz-Günter Freck dieser kritischen Frage aus, die gleich von mehreren Dorfbewohnern gestellt wurde. Man gehe davon aus, so Freck weiter, dass das Zusammenleben mit den jetzt neu kommenden Geflüchteten „genau so unauffällig läuft wie seit einiger Zeit mit denen, die schon hier sind. Ich erwarte keine Schwierigkeiten.“
Dazu erklärte später in der Diskussion eine Anwohnerin sehr energisch widersprechend, dass es sehr wohl schon jetzt sehr wohl auch Schwierigkeiten gebe mit einzelnen teils den ganzen Tag unbeaufsichtigten Kindern. Wie solle man ohne engmaschige Betreuung und ein ordentliches Integrationskonzept diese Kinder auffangen?
„Wir haben eine Familie mit drei kleinen Kindern hier“, nannte die Bürgerin, die selbst sozialpädagogisch tätig ist, ein aktuelles Beispiel. „Zwei Kinder sind den ganzen Tag auf dem Spielplatz, unbeaufsichtigt. Sie urinieren dort. Diese Kinder verlieren wir!“
Bei der Standortfrage ließen gut informierte Bürger den Bürgermeisterstellvertreter nicht so ausweichend davonkommen. Ein Anwohner erklärte, er habe stadtweit alle Standorte abgefahren. „In Westick stehen schon Container. Von der Anbindung ist es für Flüchtlinge viel zentraler als hier, die Nahversorgung ist fußläufig erreichbar. Wie kommen die Menschen denn hier weg?“
Das Prinzip der Dezentralisierung sei politisch gewollt, entgegnete Freck. Es ist demnach gerade nicht gewollt, beispielsweise ein Containerdorf für eine Vielzahl von Geflüchteten im Gewerbegebiet Westick zu errichten, sondern man wolle sie in kleinen Einheiten dezentral unterbringen. „Wir haben doch jetzt auch schon Familien, die hier wohnen und die hier zurechtkommen.. Das wird auch den neuen Nachbarn gelingen.“
Wieso wurden die Bewohner des Dorfes nicht beteiligt?
„Wir beteiligen Sie heute ja“, konterte der Beigeordnete. Wieder erhob sich lautes spöttisch-ärgerliches Gelächter im Raum. Freck:
„Sie werden nirgendwo finden, dass wir die Bürger beteiligen MÜSSEN! Wir MÜSSEN Obdachlosigkeit vermeiden!“ Dass die Ankündigung zu diesem Informationsabend so intransparent und „unter der Decke“ abgelaufen war, erboste viele Anwesenden zwar gerade am meisten; jedoch:
„Es ist kein vorwerfbares Verhalten. Wir haben bewusst darauf verzichtet, dass wir das öffentlich streuen, aus Sicherheitsgründen.“
Wie steht es um Sicherheit und Ordnung?
Eine junge Frau erklärte, „als Familie mit Kindern macht man sich schon Gedanken. Wie weit kann man sich auf diese Aussagen verlassen, dass zwei Familien kommen? Stockbetten rein, und schon kommen Männer.“ Diese Sorgen seien „emotional völlig verständlich“, stimmte ihr Heinz-Günter Freck zu.
„Unsere Absicht ist es, mit Familien zu planen.“
An diesem Punkt schaltete sich auch die Bürgermeisterin einmal ein. „Wir nehmen das sehr ernst, wir nehmen das mit“, versicherte sie der jungen Mutter. „Wir werden uns lösungsorientiert zusammensetzen. Aber ich kann Ihnen heute Abend kein Versprechen geben.“
„Wir haben schon alleinreisende Männer gehabt“, beharrte ein Bürger auf dieses Problem, dass man nicht weiß, wer letztlich kommt. „Diese Probleme: Das möchte ich nicht noch einmal!“ Als sie diese Probleme gegenüber der Verwaltung beim Namen nannten, „hat uns ein Sozialarbeiter unter Zeugen als Rassisten bezeichnet.“
Das ginge natürlich gar nicht, unterstrich Freck, auch Bürgermeisterin Müller wirkte bei dieser Schilderung erschrocken und betroffen. Mit einem anderen Zitat aus ihrer Verwaltung wurde sie von der Anwohnerin konfrontiert, die zuvor die mangelnde Betreuung der Flüchtlingskinder moniert hatte:
„Mir wurde daraufhin von Ihrem zuständigen Mitarbeiter gesagt: Wir sorgen dafür, dass unsere Flüchtlinge ein Dach über dem Kopf und zu essen haben. Mehr interessiert uns nicht.“
„Verschandelung“ und Wertverfall der Grundstücke
Die „Verschandelung“ der Grundstücke sprach ein älterer Herr an. „Es ist eine Frage der Gerechtigkeit und Zumutbarkeit. Hier ist ein reines Wohngebiet. Grün wird verschwinden. Mit der Grünpflege hapert es schon jetzt.
Es ist eine Verschandelung. So haut das nicht hin!“
Lauter Applaus antwortete ihm. Ebenso dem nächsten Bürger, der sich zu Wort meldete, ein junger Vater, der gegenüber der Bürgermeisterin und ihrem Beigeordneten auch mit Blick auf die massiv erhöhte Grundsteuer ganz klar und deutlich formulierte:
„Wir sind Ihre Bürger! Wir haben Sie gewählt! Wir sind nicht damit einverstanden, was Sie machen!“
Das Thema Grundsteuer (Fröndenberg ist mit über 900 Punkten knapp hinter Bönen auf den zweiten Platz im Kreis Unna geschnellt) entwickelte sich kurzzeitig zum Nebenschauplatz. Beigeordneter und Kämmerer Freck nannte die massive Anhebung „natürlich unerfreulich“, gleichwohl notwendig, damit Fröndenberg weiter investieren könne.
„Wir haben es schön in Fröndenberg“, trat die Bürgermeisterin dem Vorwurf einiger Bürger entgegen, dass die Stadt „nichts für uns Bürger tut“. Sie zählte auf, was zum Beispiel für und in den Schulen getan werde. Als im Zusammenhang „was tut die Stadt“ ein neues Klettergerüst für Strickherdicke genannt wurde, brandete gleich wieder ärgerliches Gelächter auf.
Lesen Sie dazu auch: So fasst die Stadt den Bürgerabend zusammen.
Hier noch drei Videomitschnitte.
Kommentare
Amüsant. Letzte Landtagswahl: Grüne 18,5 %. Und nun dieses Geschrei der Gutmenschen? Bestellt – geliefert! Platziert dort gerne noch mindestens das zehnfache an, nun, Fachkräften.
Die „grüne“ Bürgermeisterin der Kleinstadt Fröndenberg ist von der SPD. Der „grüne“ Bürgermeister von der Kreisstadt Unna ist von der CDU. Der „grüne Landrat“ vom Kreis Unna ist von der SPD. Die „grüne“mächtige Bezirksregierung in Arnsberg wird von der CDU dominiert. Der „grüne“ Ministerpräsident in NRW ist von der CDU und der „grüne“ Kanzler auf Bundesebene von der SPD.
Ca. 90% der Wahlberechtigten in Strickherdicke haben nicht GRÜN gewählt.
Es ging an dem Abend auch nicht darum, die deutsche Migrationspolitik aufzuarbeiten, sondern über die Sinnlosigkeit des Standortes und die manipulative Informationspolitik der SPD Bürgermeisterin. Kritik wurde von den Bürgern parteiübergreifend geäußert.
Eine Bürgermeisterin, die tatsächlich öffentlich erklärt, das sie die Container möglichst dezentral platzieren möchte. Also möglichst weit weg von den Verantwortlichen und Behörden, welche sie fast täglich zu betreuen haben. Von dem Geld, welches die überteuert angeschafften Container kosten, könnte man den Flüchtlingen moderne große Wohnungen kaufen, welche auch eine langfristige Kapitalanlage wären.
Diese Provinzposse zeigt unabhängig vom Thema exemplarisch auf, wie heutzutage in der Politik und der ihr untergeordneten Verwaltung vorgegangen wird.
Wer noch mal schöne Aussicht über das Ruhrtal in das Sauerland hinein mit den vorgelagerten Pferdehöfen und dem grünen Tal, welches sich mit dem Strickherdicker Bach in das Ruhrtal schlängelt und von einem schönen Waldwanderweg begleitet wird, vom entspannten Dorfplatz aus ohne übereinander gestapelte Container im Rücken genießen möchte, sollte sich beeilen. Unabhängig von irgendwelchen Wahlen.
[…] Geballtem Unmut sah sich Fröndenbergs Bürgermeisterin Sabina Müller (SPD) am Dienstag, 21. Mai, beim Bürgerinformationsabend zu den geplanten Flüchtlingscontainern im Ortsteil Strickherdicke gegenüber. Wir berichteten ausführlich über den Abend. […]
[…] am Informationsabend am 21. Mai in Strickherdicke (Bericht HIER) von Bürgermeisterin Sabina Müller (SPD) zugesagt, folgt zeitnah eine weitere […]
[…] am Informationsabend am 21. Mai in Strickherdicke (Bericht HIER) von Bürgermeisterin Sabina Müller (SPD) zugesagt, folgt zeitnah eine weitere […]