Mit einer Aktionswoche ab dem 8. Januar und einer weiteren Kundgebung in Berlin will der deutsche Bauernverband seinen Widerstand gegen die Politik der Ampelregierung im neuen Jahr fortsetzen. Daran hält er fest, obwohl die Bundesregierung ihre Sparpläne für den Agrarsektor am 4. Januar teilweise zurückgenommen hat:
Demnach soll es keine Streichung der Kfz-Steuerbefreiung für die Landwirtschaft geben, wie die Bundesregierung mitteilte. Die Abschaffung der Steuerbegünstigung beim Agrardiesel werde nicht in einem Schritt vollzogen. Darauf hätten sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) verständigt, so der Sprecher der Bundesregierung, Steffen Hebestreit.
Der Präsident des Bauernverbandes ruft gleichwohl weiter zu Protestaktionen auf. In seinem Neujahrsgrußwort an. Darin zieht er ernüchtert Bilanz.
„Der Jahreswechsel markiert die Halbzeit der Ampelkoalition. Zieht man eine Bilanz dieser zwei Jahre, so drängt sich größtenteils Ernüchterung auf.
Anstatt des angekündigten Fortschritts stolpert die Bundesregierung lediglich von einer Krise in die nächste.
Ende 2023 fand diese Ansammlung an Krisen dann ihren vorläufigen Gipfel in der Haushaltskrise. Der Vorschlag, die Agrardiesel-Rückerstattung und die Steuerbefreiung für land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge zu streichen, ist vollkommen inakzeptabel.
Gerade in Zeiten, die ohnehin schon enorm herausfordernd sind, wäre dies eine unzumutbare Belastung für uns Bauernfamilien. Darauf haben wir als Deutscher Bauernverband gemeinsam mit den Landesbauernverbänden und Verbündeten aus der Agrarwirtschaft sowie befreundeten Branchen in aller Deutlichkeit auch bei einer Großdemonstration Mitte Dezember hingewiesen.
Der große Zuspruch – sowohl von den eigenen Berufskollegen als auch aus der gesamten Gesellschaft heraus – zeigt, dass politisch nun dringend gehandelt werden muss und diese Pläne vom Tisch genommen werden müssen. Denn gerade in unsicheren Zeiten ist unsere Branche ein wesentlicher Grundpfeiler für Wohlstand sowie Stabilität und darf nicht in ihrem Kern erschüttert werden.
Planungsunsicherheit stärkt Vertrauensverlust
Glücklicherweise standen unsere Betriebe trotz der großen Herausforderungen im vergangenen Jahr durchschnittlich auf wirtschaftlich standfesten Beinen. Die Unternehmensergebnisse weisen für das zurückliegende Jahr eine positive Entwicklung aus.
Gleichzeitig müssen wir feststellen, dass die Preise bereits wieder im Sinkflug sind und die extreme Volatilität an den Märkten auch weiterhin eine Herausforderung bleibt, auf die es sich einzustellen gilt.
Besonders fatal ist zudem, dass die Betriebe kaum mehr investieren – ein weiteres deutliches Zeichen, dass Planungssicherheit und Vertrauen in die Politik zunehmend fehlen.
In der jetzigen Situation den Agrardiesel und die Kfz-Steuerbefreiung zu streichen, würde den Vertrauensverlust in die Politik nur noch weiter verstärken.
Umbau der Tierhaltung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe
Baustellen gab es im agrarpolitischen Tagesgeschäft aber auch vor den aktuellen Haushaltsplänen mehr als genug. Die Ampel-Koalition läuft derzeit Gefahr, die Fehler der Vorgängerregierung zu wiederholen. Wer hier nicht handelt, gefährdet nicht nur die landwirtschaftliche Tierhaltung in Deutschland, sondern auch das gewünschte hohe Tierwohl.
Der Umbau der Tierhaltung hin zu noch mehr Tierwohl ist politisch sowie gesellschaftlich gewünscht und auch die tierhaltenden Betriebe sind grundsätzlich bereit, ihre Ställe umzubauen. Finanziell honorieren wollen dies aber weder die Verbraucher noch die Bundesregierung. Zwar wurden erste Bausteine im zurückliegenden Jahr gesetzt, ein vollumfängliches und sich schlüssig zusammenfügendes Gesamtprojekt steht jedoch nach wie vor aus.
Unsere Forderungen sind weiterhin aktuell: In erster Linie braucht es ein verbindliches und tragfähiges Finanzierungskonzept! Nach den lange von uns geforderten Anpassungen im Baurecht, braucht es nun zügig auch ein entsprechend angepasstes Immissionsschutzrecht, damit Tierwohlställe überhaupt gebaut werden können. Zudem bedarf es einer vollumfänglichen Haltungsform- und Herkunftskennzeichnung, damit die Verbraucher Transparenz beim Einkauf haben – auch hier muss noch nachgebessert werden.
Ambitionierter Klimaschutz: wichtiger denn je
Der Klimawandel mit seit Jahren zunehmenden Extremwetterereignissen und schwierigen Witterungsbedingungen belastet unsere Branche stark. Hier muss dringend gehandelt werden. Die Landwirtschaft ist bereit, bspw. über erneuerbare Energien und Carbon-Farming noch mehr zum Klimaschutz beizutragen. Auch wirtschaften wir bereits jetzt im globalen Vergleich äußerst klimaschonend. Diese Klimaschutzdienstleistungen müssen aber auch entsprechend vergütet werden.
Gleichzeitig braucht es neben wirkungsvollen Klimaschutzmaßnahmen zügig Lösungen, wie wir uns besser an die klimatischen Veränderungen anpassen können. Hier ist auch die Politik gefragt. Offenheit gegenüber modernen Züchtungsmethoden und digitalen Innovationen sowie eine gezielte Agrarforschung sind wichtige Bausteine auf diesem Weg.
Zu wenig Beachtung findet indes die Gefahr einer Verlagerung unserer klimaschonenden heimischen Erzeugung in Drittländer – damit wäre weder dem Klima- noch dem Umweltschutz geholfen. Hier braucht es einen CO2-Grenzausgleich nicht nur für Industriegüter, sondern auch für Agrarerzeugnisse. Darüber hinaus haben wir uns bereits 2021 dafür ausgesprochen, Ernährungssicherung und Klimaschutz als Staatsziele im Grundgesetz zu verankern – im Lichte der Ereignisse der vergangenen Jahre, die uns gezeigt haben, dass Ernährungssicherheit niemals als selbstverständlich angesehen werden darf, hat diese Forderung nochmals an Bedeutung gewonnen.
Ernährungssicherung muss als oberste Prämisse gelten
Das Jahr 2023 brachte aber auch Erfolge. So wurden auf europäischer Ebene Pauschalverbote und praxisferne Vorgaben beim Pflanzenschutz, die die Existenz vieler landwirtschaftlicher Betriebe gefährdet und die sichere Versorgung mit heimischen Lebensmitteln massiv reduziert hätten, von einer Mehrheit der EU-Abgeordneten klar abgelehnt. Dass hier endlich Fakten über Ideologie gestellt wurden, stimmt positiv. Auch konnten wir auf EU-Ebene das sogenannte Nature Restoration Law abschwächen und damit dafür sorgen, dass dieses nicht zum Landwirtschaftsverdrängungsgesetz wurde.
Wir Landwirte setzen weiterhin auf die Zusammenarbeit zwischen Naturschutz und Landwirtschaft und werden das Ziel, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln weiter zu reduzieren, nach wie vor verfolgen. Entscheidend ist jedoch, dass dabei Ernährungssicherung als oberste Prämisse gilt und diese Maßnahmen kooperativ und produktionsintegriert angegangen werden. Kooperative Länderansätze für den Natur- und Artenschutz, wie beispielsweise das Biodiversitätsstärkungsgesetz in Baden-Württemberg, zeigen, dass Naturschutz und Landwirtschaft Hand in Hand gehen können.“
Kommentare
Es herrscht eine gewisse Diskrepanz zwischen dem Bauernverband und der Basis.
Nach den Protesten der letzten Jahre ist die Verteuerung des Agradiesels eher der letzte Tropfen, der das Fass zum überlaufen gebracht hat.
Der Plan des Bauernverbandes (welcher den Parteitag der Grünen mitfinanziert hat), die Proteste einzufangen, wird nicht funktionieren. Nehmt die Verteuerung zurück und wir gehen alle nach Hause und folgen wieder bedingungslos der Klimapolitik der Grünen, so einfach wird das nicht.
Der Vizepräsident des Bauernverbandes , Herr Dr. Holger Hennies, sitzt im Rat der „Agora Agrar“, die im Zusammenwirken mit der „Agora Energiewende“ ( Habeck/Graichen-Clan) politische Einflussnahme im Sinne von „Transformation“ und „Klimaneutralität“ praktiziert.
Als während der Coronamaßnahmen die größte Bürgerprotestbewegung der deutschen Geschichte entstand, konnte die Regierung ihre Protestzersetzungstechniken auf eine Thematik anwenden. Bei den nun angekündigten Protesten aller möglichen Branchen wird ein undurchschaubares Gemengelage entstehen.
[…] Bauern tragen ihren Protest gegen die Sparpläne der Bundesregierung nächste Woche bundesweit auf die Straße – auch in der heimischen […]