Zügig sollen alle aus der Ukraine geflüchteten Kinder zur Schule gehen können: Dazu hat das NRW-Schulministerium am Montag, 11. April, ein Konzept vorgestellt.
Im Kern gilt es demnach, möglichst schnell das benötigte Lehrpersonal zu gewinnen. Dazu sollen Lehrkräfte unter anderem dazu ermuntert werden, später in den Ruhestand zu gehen, Teilzeitbeschäftigungen aufzustocken oder vorzeitig aus einer Beurlaubung zurückzukehren.
das Ministerium für Schule und Bildung hat dazu ein umfassendes Konzept erarbeitet. Auf 40 Seiten werden darin „praxisnahe Hinweise gegeben, wie der Unterricht vor Ort für neu zugewanderte Schülerinnen und Schüler geplant, organisiert und durchgeführt werden kann“.
Schul- und Bildungsministerin Yvonne Gebauer:
„Kinder und Jugendliche, die bei uns Schutz suchen, sind an unseren Schulen herzlich willkommen. Das Engagement, mit dem sich unsere Schulen ihrer neuen Schüler annehmen, ist bewundernswert – insbesondere, wenn man bedenkt, wie herausfordernd die vergangenen zwei Pandemie-Jahre für unsere Schulen gewesen sind. Mit unserem neuen Rahmenkonzept wollen wir sie und alle am Schulleben vor Ort Beteiligten daher in geeigneter Weise unterstützen.“
Dabei sei ihr bewusst, so die FDP-Ministerin, dass ein gutes Rahmenkonzept auch gute Rahmenbedingungen brauche. „Deshalb stärken wir in einem ersten Schritt vor allem die personellen und organisatorischen Ressourcen unserer Schulen.“
Bereits jetzt würden mehr als 5000 Stellen für die Integration zur Verfügung gestellt. „Dieser Bereich wird nun so finanziell verstärkt, dass auch dem Bedarf nach einer zusätzlichen Verstärkung durch Aushilfskräfte entsprochen werden kann.
Darüber hinaus werden 1.052 Lehrerstellen zusätzlich zur Beschulung geflüchteter Schüler eingesetzt und den Bezirksregierungen zugewiesen. Zudem werden die flexiblen Mittel für Vertretungsunterricht in Höhe von rund 60 Mio. Euro kurzfristig um weitere 3,5 Mio. erhöht.“
Um möglichst schnell zusätzliches Personal gewinnen zu können, wurden die Schulleitungen in Nordrhein-Westfalen mit der SchulMail vom 4. April 2022 gebeten, geeignete Lehrkräfte vorab anzusprechen mit dem Ziel
• der vorzeitigen Rückkehr aus der Beurlaubung,
• der Aufstockung einer Teilzeitbeschäftigung,
• des späteren Eintritts in den Ruhestand oder die Rente,
• der Gewinnung von bereits in den Ruhestand oder die Rente eingetretenen Lehrkräften für eine Vertretungstätigkeit.
Darüber hinaus hat Ministerin Gebauer ebenfalls am 4. April 2022 insgesamt 5604 Lehrkräfte, die bislang kein Einstellungsangebot erhalten haben, angeschrieben, um sie mindestens für eine befristete Beschäftigung zu gewinnen. Auch die 33 Zentren für schulpraktische Lehrerausbildung wurden angeschrieben, um Lehramtsanwärter für den unterrichtlichen Einsatz zu gewinnen. Dazu wurde der rechtliche Rahmen für freiwilligen zusätzlichen bezahlten selbständigen Unterricht von Lehramtsanwärtern auf bis zu sechs Wochenstunden erhöht.
Neben der personellen Unterstützung bietet das Rahmenkonzept Hinweise zur Planung, Organisation und Durchführung des Unterrichts für die neu zugewanderten Kinder und Jugendlichen: Sobald die Kinder in den Schulen ankommen, gilt der Erlass zur Integration und Deutschförderung neu zugewanderter Schülerinnen und Schüler. Darin wird das Beherrschen der deutschen Sprache als Grundvoraussetzung dafür definiert, um erfolgreich am Schulunterricht in Nordrhein-Westfalen teilnehmen zu können.
Die Deutschförderung könne dabei von den Schulen auf unterschiedliche Art und Weise organisiert werden:
• in innerer Differenzierung, also im Rahmen einer vollständigen Teilnahme am Regelunterricht,
• in teilweise äußerer Differenzierung, also durch den Besuch einer eigenen Lerngruppe und der teilweisen Teilnahme am Regelunterricht oder
• in vollständiger äußerer Differenzierung, also in eigenen Lerngruppen, den sogenannten Willkommensklassen.
Um den Kindern und Jugendlichen möglichst schnell die wichtigen Deutschkenntnisse zu vermitteln, umfasst die Deutschförderung in einer Form der äußeren Differenzierung mindestens zehn bis zwölf Wochenstunden. Ministerin Gebauer: „Es kann durchaus sinnvoll sein, die Schülerinnen und Schülern zunächst in den Willkommensklassen intensiv beim Erlernen der deutschen Sprache zu unterstützen. Gleichwohl ist es unser festes Ziel, die Kinder und Jugendlichen so schnell und so gut wie möglich in den Regelunterricht zu integrieren.“
Darüber hinaus trifft das Ministerium für Schule und Bildung zurzeit die notwendigen Vorkehrungen dafür, zeitnah Herkunftssprachlichen Unterricht in ukrainischer Sprache anzubieten. In Kürze sollen dazu erste Ausschreibungen veröffentlicht werden, auf die sich dann ukrainischsprachige Lehrerinnen und Lehrer bewerben können. Die Kultusministerkonferenz hat sich überdies bereits mit ihrer Lübecker Erklärung vom 10./11. März 2022 dafür ausgesprochen, geflüchteten ukrainischen Lehrkräften Beschäftigungsmöglichkeiten an Schulen zu verschaffen oder sie weiterzuqualifizieren. Nordrhein-Westfalen beteiligt sich intensiv an der Klärung der hierfür notwendigen Voraussetzungen.
„Unsere Schulen leisten einmal mehr einen immensen Beitrag bei der Integration neu zugewanderter Menschen. Den ukrainischen Lehrerinnen und Lehrern eröffnen sie berufliche Perspektiven, den Schülerinnen und Schülern, die in ihrem jungen Alter so Schreckliches haben erleben müssen, gibt der regelmäßige Schulbesuch darüber hinaus Halt, Struktur und ein Gefühl von Sicherheit. Zudem erleichtert ihnen der Kontakt mit Gleichaltrigen das Ankommen bei uns in Nordrhein-Westfalen“, so Ministerin Gebauer abschließend.
Das vollständige Rahmenkonzept zur Beschulung von neu zugewanderten Kindern und Jugendlichen unter besonderer Berücksichtigung des Krieges in der Ukraine und seiner Folgen für die Schulen in Nordrhein-Westfalen, das heute sämtlichen Schulen, Schulträgern und weiteren Akteuren in Nordrhein-Westfalen übermittelt wurde, finden Sie hier.
Zum Hintergrund
Bis zum Stichtag vom 6. April wurden bereits an 1.985 nordrhein-westfälischen Schulen neu zugewanderte Schülerinnen und Schüler aus der Ukraine aufgenommen. Insgesamt 8.753 Schülerinnen und Schüler aus der Ukraine nahmen an diesen Schulen an einer schulischen Erstförderung teil. Eine Woche zuvor waren es noch 6.167 Schülerinnen und Schüler an 1.650 Schulen. Über die weitere Entwicklung wird das Ministerium für Schule und Bildung nach den Ferien regelmäßig berichten.
Quelle Schulministerium NRW
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