Das Oberverwaltungsgericht NRW hat in der Woche vor Weihnachten zwei Eilanträge im Zusammenhang mit der Coronaschutzverordnung zurückgewiesen:
den der der Woolworth GmbH gegen die 2G-Regelung im Einzelhandel (wir berichteten HIER)
sowie einen weiteren Eilantrag, der sich gegen die Einschränkungen für nicht Geimpfte/Genenesene richtete.
2G im NRW Einzelhandel ist rechtens
Nach der geltenden Coronaschutzverordnung des Landes dürfen Ladengeschäfte und Märkte nur von Geimpften oder Genesenen aufgesucht werden. Ausgenommen sind der Lebensmittelhandel sowie Getränkemärkte, Reformhäuser, Babyfachmärkte, Apotheken, Sanitätshäuser, Drogerien, Optiker, Hörakustiker, Tankstellen, Stellen des Zeitungsverkaufs, Buchhandlungen, Blumenfachgeschäfte, Tierbedarfsmärkte, Futtermittelmärkte, Gartenmärkte und der Großhandel.
Dagegen war Woolworth vorgegangen. Das Unternehmen – das in seinen Filialen ein Mischsortiment aus Textilien und Haushaltsbedarf aller Art anbietet – hatte geltend gemacht, die 2G-Regelung sei unverhältnismäßig.
Im Einzelhandel bestünden keine signifikanten Infektionsgefahren, denen nicht im Rahmen der vorhandenen Hygienekonzepte begegnet werden könne. Zudem liege im Hinblick auf die von der 2G-Regelung ausgenommenen Einzelhandelssparten eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung vor.
Dem ist das Oberverwaltungsgericht nicht gefolgt. Zur Begründung hat der 13. Senat ausgeführt: Die angegriffene Zugangsbeschränkung zu den Verkaufsstellen des Einzelhandels verstößt nicht offensichtlich gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
Der Verordnungsgeber kann voraussichtlich davon ausgehen, dass die 2G-Regelung im Einzelhandel dazu beiträgt, Leben und Gesundheit der Bevölkerung zu schützen und eine Überlastung der (intensiv-)medizinischen Behandlungskapazitäten zu vermeiden.
Nach derzeitigem Erkenntnisstand ist das Risiko immunisierter Personen, sich mit dem Coronavirus zu infizieren und dieses an andere Personen weiterzugeben, im Hinblick auf die bislang vorherrschende Delta-Variante in erheblichem Maße reduziert.
Dies gilt zwar nicht in gleicher Weise auch für die nunmehr im Vordringen befindliche Omikron-Variante. Allerdings spricht nach den bisherigen Erkenntnissen viel dafür, dass die Impfungen weiterhin einen Schutz vor schweren Krankheitsverläufen bieten und damit auch bei einer zunehmenden Verbreitung der Omikron-Variante zu einer Schonung der intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten beitragen.
Testpflichten oder das Verwenden von FFP2-Schutzmasken stellen kein ebenso geeignetes Mittel dar, dieses Ziel zu erreichen. Die mit der Maßnahme verbundenen wirtschaftlichen Einbußen stehen in der aktuellen pandemischen Lage auch nicht außer Verhältnis zu dem Regelungszweck. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass auch nichtprivilegierte Einzelhändler wie die Antragstellerin ihre Waren noch einer Vielzahl von Kunden anbieten können. Denn inzwischen sind in Nordrhein-Westfalen allein 73,5 % der Bevölkerung vollständig geimpft und damit von den angegriffenen Zugangsbeschränkungen nicht erfasst.
In der Privilegierung der von den Zugangsbeschränkungen ausgenommenen Ladengeschäfte liegt voraussichtlich kein Gleichheitsverstoß. Dass der Verordnungsgeber deren Warenangebot dem täglichen Grundbedarf zugeordnet und deswegen von den Zugangsbeschränkungen ausgenommen hat, ist sachlich vertretbar.
Der Beschluss ist unanfechtbar
Aktenzeichen: 13 B 1858/21.NE
Das Oberverwaltungsgericht Niedersachsen hatte anders entschieden – dort wurde die 2G-Regel im Einzelhandel wenige Tage nach Inkrafttreten wieder gekippt. HIER.
Einschränkungen für Nichtgeimpfte bzw. Nichtimmunisierte sind rechtens
Ebenfalls abgelehnt wurde gestern ein Eilantrag abgelehnt, der sich gegen Zugangs- und Kontaktbeschränkungen für nicht immunisierte Personen richtete.
Der Antragsteller, ein weder von einer vorherigen Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 genesener noch hiergegen geimpfter Rechtsanwalt aus Köln, machte geltend, er wolle in seiner Heimatstadt Weihnachtsmärkte besuchen, ebenso Cafés und Restaurants, und außerdem dem Golfsport im Freien mit weiteren Mitspielern nachgehen.
Die Coronaschutzverordnung greife in unverhältnismäßiger Weise in seine Grundrechte ein. Aus seiner Sicht seien die einzigen effektiven und verhältnismäßigen Maßnahmen die Anordnung des Tragens von FFP2-Masken in Innenräumen sowie der Schutz der vulnerablen Risikogruppen, zu denen insbesondere Personen ab 60 Jahren gehörten,.
Dem ist das Oberverwaltungsgericht nicht gefolgt. Zur Begründung hat der 13. Senat ausgeführt:
Die angegriffene Zugangsbeschränkung für den Besuch von Weihnachtsmärkten ist voraussichtlich nicht zu beanstanden. Zwar ist in Außenbereichen das Infektionsrisiko grundsätzlich wesentlich geringer. Allerdings verbreitet sich das Coronavirus SARS-CoV-2 auch im Freien, nämlich dort, wo Menschen – wie typischerweise auf Weihnachtsmärkten – zusammenkommen und der Abstand von 1,5 m nicht sicher eingehalten werden kann. Zudem muss eine FFP2-Maske während der Einnahme von Getränken oder Speisen notwendigerweise abgenommen werden.
Mit der Zugangsbeschränkung zu Sporteinrichtungen auch im Freien hat der Verordnungsgeber den ihm zustehenden weiten Einschätzungsspielraum noch nicht offensichtlich überschritten. In bzw. auf Sportanlagen trifft typischerweise eine Mehrzahl von wechselnden Personen zu dem Zweck, allein oder gemeinsam Sport zu treiben, aufeinander. Dies birgt die Gefahr längerer Begegnungen auch ohne Einhaltung des Mindestabstands. Ferner wird die Eingriffsschwere dadurch relativiert, dass jedenfalls die individuelle Sportausübung im Freien außerhalb von Sporteinrichtungen wie beispielsweise Joggen nach wie vor uneingeschränkt zulässig ist.
Die Zugangsbeschränkungen für gastronomische Angebote sind voraussichtlich ebenfalls verhältnismäßig. In gastronomischen Einrichtungen, die in den Wintermonaten schwerpunktmäßig in geschlossenen Räumlichkeiten betrieben werden, kommt eine größere Zahl wechselnder Personen für einen längeren Zeitraum nicht nur zum Essen und Trinken – dies zwangsläufig ohne Maske –, sondern ebenfalls zum geselligen Beisammensein zusammen. Auch unter Beachtung bereits bestehender Hygienekonzepte besteht deshalb eine besondere Gefahr der Weiterverbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 durch oder an nicht immunisierte Gäste. Die Schwere des Grundrechtseingriffs steht nicht außer Verhältnis zum beabsichtigten Verordnungszweck, zumal sich die Betroffenen weiter mit Speisen beliefern lassen können und der Außer-Haus-Verkauf von Speisen weiter möglich ist.
Schließlich sind auch die für nicht immunisierte Personen geltenden Kontaktbeschränkungen im öffentlichen und privaten Raum bei vorläufiger Bewertung voraussichtlich verhältnismäßig. Eine erhebliche Reduzierung der sozialen Kontakte ist geeignet und erforderlich, um die Verbreitung des Virus in der Bevölkerung zu verlangsamen. Besonders in geschlossenen privaten Räumlichkeiten stattfindende direkte und längere Kontakte bergen in der gegenwärtigen Situation ein hohes Infektionsrisiko. Die erhebliche Reichweite des Eingriffs ist angesichts der derzeitigen Infektionslage noch hinzunehmen.
Der Beschluss ist unanfechtbar.
Aktenzeichen: 13 B 1901/21.NE
Kommentare
NRW ist einfach so kaputt. Ihr könnt einem echt Leid tun da drüben. Wie kann etwas nicht unverhältnismäßig sein, was im benachbarten Bundesland unverhältnismäßig ist? Zwei Urteile. Das eine so herum, und das andere andersherum. Hier kann man echt nur noch den Kopf schütteln. Kommt zu uns nach Niedersachsen, hier hat das Gericht die Aussortierung von Menschen untersagt.
[…] Lesen Sie bei Interesse ausführlich HIER weiter. […]