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„Dafür“, nicht dagegen – 350 Fröndenberger versammeln sich für Vielfalt, Demokratie und Miteinander

„Dafür“, nicht dagegen – 350 Fröndenberger versammeln sich für Vielfalt, Demokratie und Miteinander

„Lasst uns Brücken bauen statt Mauern“, „Lasst uns miteinander statt übereinander reden“, „Lasst uns gemeinsam statt gegeneinander die Demokratie gestalten“:

Akzentuierter noch als im vergangenen Jahr betonte die zweite Fröndenberger Demo „für Demokratie und Vielfalt“ am Samstag vor der Bundestagswahl, 22. Februar, das „dafür statt dagegen“. 

Sebastian Richter vom Orga-Team des „Bündnisses für Demokratie in Fröndenberg“ begrüßte um 14 Uhr auf dem Marktplatz rund 350 Teilnehmer. (Die Zahl schätzten auf Nachfrage unserer Redaktion die vor Ort eingesetzten Polizeibeamten, die die von Mitorganisator Fatih Asil genannten 500 Teilnehmer als „deutlich zu hoch gegriffen“ korrigierten).

Für einen Mix aus Jung bis Alt sorgten jeweils größere Gruppen der bekannt politisch rührigen Evangelischen Jugend Frömern („Sei kein Schaf – geh wählen“) und des Seniorenheims Haus Hubertia sowie viele mitgebrachte Kinder, die auf den Holzbänken vor der Bühne herumturnten und unablässig begeistert schillernde Seifenblasen in die Luft pusteten.

Das verlieh der Veranstaltung zusammen mit den musikalischen Einlagen von Eddy Siebert eine Art Happening-Charakter und sorgte für ein Wohlfühl-Gefühl, das anderen Versammlungen dieser Art in den letzten Wochen abging.

Seinem Anspruch, für statt gegen etwas zu sein, wurde das Fröndenberger Bündnis von einzelnen Plakaten im Publikum abgesehen in diesem Jahr noch stärker als im Vorjahr gerecht. So sah man nur ein einzelnes „Anti“-Plakat mit einem blauen Kothaufen und vereinzelte Anspielungen auf 1933.

Sebastian Richter, Bündnis für Demokratie

Wobei Sebastian Richter dieses „nicht dagegen“ in seiner Begrüßung doch ein wenig einschränkte, „weil wir wohl alle wissen, dass man ab einem bestimmten Punkt nur noch dagegen sein kann.“

Die Kundgebung bot nicht weniger als 7 Redner auf, von denen sich jeder auf knapp auf 3 Minuten beschränkte. Carsten Schröder vom Bündnis betonte, dass eine funktionierende Demokratie unverzichtbar geprägt sei von „Zusammenhalt, Respekt und Vielfalt“. „Lasst uns Brücken bauen statt Mauern“, appellierte Schröder.

„Lasst und Vielfalt als Bereicherung verstehen, nicht als Gefahr.“

Carsten Schröder, Bündnis für Demokratie

Die Krisen der vergangenen Jahre, die Coronakrise, die Krise durch den Ukrainekrieg oder „die sogenannten Flüchtlingskrise“ haben in der Gesellschaft Spuren hinterlassen, stellte der Bündnis-Sprecher fest. „Unsere gemeinsamen Werte werden enorm auf die Probe gestellt durch Ausgrenzung, Zukunftsangst und zunehmend soziale Ungleichheit. Das führt zur Polarisierung der extremen Ränder, das zeigt sich in wachsendem Hass und extremistischen Äußerungen.“

Zur Diversität gebe es jedoch keine Alternative, „und was wir nicht brauchen können, sind Hass und Rechtsextremismus. Lasst uns Antworten finden im demokratischen Wertekanon.“

Bürgermeisterin Sabina Müller (SPD) berichtete von einem Gespräch, das sie in einer Reha-Einrichtung mit einem jungen Mann über die AfD führte. Er sagte, er wähle diese Partei, weil ihn ihr Wahlprogramm überzeuge. Müller hakte nach, welchen Punkt im Programm er meinte. „Na“, gab er zurück, „Remigration.“

In dieser Reha-Einrichtung, berichtete Müller, war ein großer Teil der Beschäftigten nichtdeutscher Herkunft. „Ich sagte ihm also, okay – dann brauchen wir diese Reha also nicht. Er schien gar nicht zu begreifen, was ich meine.“

Fröndenbergs Bürgermeisterin Sabina Müller (SPD)

 

Fröndenbergs Bürgermeisterin erwähnte diese Unterhaltung, da es, so betonte ihr, unglaublich wichtig sei, zu reden, und zwar „miteinander, nicht übereinander, und auch mal zuzuhören.“ Was sie besorgt hätte:

„Zehn Leute haben bei diesem Gespräch am Tisch gesessen. Zwei haben gesprochen. Acht haben nichts gesagt.“

Mit Blick über die deutschen Grenzen sieht sich die Sozialdemokratin „fassungslos vor den Entwicklungen in unseren Nachbarländern und in den USA. Was da passiert, ist auch eine Gefahr für die Demokratie in Deutschland. Das macht mich sauer!“ 

Für die evangelische und katholische Kirchengemeinde sprachen Pfarrerin Runa Ahl und Gemeindereferent Heiner Redecker.

Gemeindereferent Heiner Redecker, Pfarrerin Runa Ahl

„Diese eine Welt, dieses Deutschland, es ist so bunt“, schwärmte die evangelische Pfarrerin. „Uns alle einst die Sehnsucht nach Frieden und Sicherheit, die in der letzten Zeit sehr zerbrechlich scheinen. Populisten versprechen einfache Lösungen, es gibt aber keine einfachen Lösungen für komplexe Probleme.“ Demokratie sei „kein Zuschauersport“ und Passivität ebenso schädlich wie im Pessimismus zu verharren.

„Lasst uns auf die Welt blicken, wie sie sein könnte, wie wir sie gerne hätten!“

Gemeindereferent Redecker betonte im Anschluss ebenfalls den Zusammenhalt und das offene Miteinandersprechen  und zitierte die oft gehörte Klage:  „Man darf ja gar nichts mehr sagen.“ Doch,  unterstrich Redecker, „man darf alles sagen in einer Demokratie. Man muss nur damit rechnen, dass man auch Gegenwind bekommt.“

Karin Eckei vom Fröndenberger Patenschaftskreis für Flüchtlinge hatte wie im Vorjahr einige ihrer Schützlinge mit zur Demo gebracht, die in kurzen Statements betonten, wie sehr sie sich eine Demokratie wünschten, „die Vielfalt schätzt“. Sie sei das „Fundament unserer Gesellschaft“.

Patenschaftskreis für Flüchtlinge

Noch weiter ging Norbert Zimmering von der Fröndenberger Seniorenarbeit: Seine Generation könne wie keine andere nachvollziehen, „was Migranten bewegt, ihre Heimat aufzugeben.“ Denn auch Sprache könne ausgrenzen. Zimmering forderte:

„Wir sollten uns deshalb angewöhnen, immer von Schutzsuchenden  zu sprechen statt von Migranten.“

Die im Grundgesetz verankerte unantastbare Würde des Menschen sieht der Seniorensprecher „seit längerem gefährdet“.

Als letzte Rednerin appellierte Gesamtschulsprecherin Julia Matthies an alle Wahlberechtigten unter ihren Zuhörern, am Sonntag die Demokratie zu stärken.

„Denn diese Wahl entscheidet auch darüber, ob wir es zulassen, dass Hass und Ausgrenzung wieder stärker werden. Gerade in der Schule lernen wir, die eigene Meinung zu vertreten. Demokratie beginnt damit, dass wir uns nicht wegdrehen, wenn jemand diskriminiert und ausgegrenzt wird. In unserer Schule erleben wir jeden Tag, dass Unterschiede keine Bedrohung sind, sondern eine Bereicherung!“ 

 

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