Eine aktuelle Publikation des Landesamtes für Natur, Umwelt und
Verbraucherschutz (LANUV) zeigt auf, welche weitreichenden Folgen
die globale Klimaerwärmung für Nordrhein-Westfalen haben wird.
„Aktuelle Auswertungen zeigen, dass die derzeitigen globalen
Klimaschutzmaßnahmen nicht ausreichen, um die Erderwärmung auf
deutlich unter zwei Grad zu begrenzen“, erklärte LANUV-Präsidentin
Elke Reichert. „Wenn keine weiteren Anstrengungen unternommen
werden, erwarten wir nach jetzigem Stand einen globalen Anstieg um
etwa drei Grad bis zum Ende des Jahrhunderts gegenüber
vorindustrieller Zeit.“
Der Fachbericht „Klimaentwicklung und Klimaprojektionen in
Nordrhein-Westfalen“ beschreibt die mögliche zukünftige Entwicklung
von Klimaparametern anhand dreier verfügbarer Klimaszenarien:
1. „Klimaschutz-Szenario“: Ziel des Paris-Abkommens, die
globale Erwärmung auf deutlich unter 2 Grad Celsius
gegenüber vorindustriellem Niveau zu senken (0,9 bis 2,3 Grad
Celsius).
2. „Moderates Szenario“: Eine globale Erwärmung von ungefähr
2,4 Grad Celsius (1,7 bis 3,2 Grad Celsius).
3. „Weiter-wie-bisher-Szenario“: Eine Erderwärmung von
ungefähr 4,3 Grad Celsius (3,2 bis 5,4 Grad Celsius).
„Wir beobachten und erleben immer mehr Wetterextreme, die eine
Folge des Klimawandels sind. Dazu gehören zum Beispiel mehr
Starkregenereignisse auf der einen und Hitze- oder Dürreperioden auf
der anderen Seite“, erläuterte Elke Reichert. „Auch aus
Vorsorgegesichtspunkten lautet unsere Empfehlung an alle Akteure,
die Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel entwickeln, sich
am ‚Weiter-wie-bisher-Szenario‘ zu orientieren und das Handeln
danach auszurichten.“
Dabei sind die Auswirkungen in den verschiedenen Regionen des
Landes durchaus unterschiedlich.
Für die am dichtesten besiedelten Bereiche NRWs entlang von Rhein und Ruhr, die bereits heute zu den wärmsten Regionen Deutschlands zählen, wird sowohl der Anstieg der
Durchschnittstemperaturen als auch der heißen Tage und Tropennächte eine besondere Relevanz haben.
Für die Mittelgebirgsregionen spielt das Auftreten von Starkregenereignissen
eine wesentliche Rolle. Hier wird die Gefahr von Sturzfluten sowie
Bodenerosionen bis hin zu abrutschenden Hängen steigen. Dagegen
besteht bei längeren Trockenperioden vor allem im Münsterland und in
Ostwestfalen-Lippe die Gefahr, dass es durch Nutzungskonkurrenzen
Einschränkungen bei der Wasserversorgung geben könnte, wie die
jüngere Vergangenheit bereits gezeigt hat.
Anpassungsmaßnahmen werden daher in verschiedenen
Handlungsfeldern erforderlich, vor allem im Bereich der
Stadtentwicklung, in der Landwirtschaft und im Waldbau. Dazu
gehören die Verbesserung der Infrastruktur für den
Hochwasserschutz, die Wiederherstellung des naturnahen lokalen
Wasserhaushalts sowie die Anpassung von Gebäuden und
Grünflächen an die veränderten klimatischen Bedingungen – auch im
Sinne des gesundheitlichen Hitzeschutzes.
Anpassungsmaßnahmen in Land- und Forstwirtschaft beinhalten die Förderung des Anbaus
klimaresilienter Pflanzenarten, die Förderung von Maßnahmen zur
Bodenverbesserung und -erhaltung sowie den standortangepassten
Waldumbau mit robusteren Baumarten oder Waldbrandprävention, um
die Auswirkungen des Klimawandels abzumildern.
„Mit unserem Klimaatlas NRW geben wir allen Akteuren bereits heute
alle vorhandenen Daten an die Hand, um Maßnahmen zielgerichtet
planen zu können“, ergänzt LANUV-Präsidentin Reichert. „Wir beraten
und informieren Kommunen bei der Aufstellung von Konzepten und
Umsetzung von Maßnahmen. Die Aufgabe der nächsten Jahre wird
sein, den neuesten Erkenntnissen Taten folgen zu lassen und
Maßnahmen in die Umsetzung zu bringen.“
Einzelergebnisse der LANUV-Projektionen:
Lufttemperatur: Die durchschnittliche Lufttemperatur in NRW
betrug in den Jahren 1991-2020 zehn Grad Celsius, die
Erwärmung seit 1881-1910 beträgt 1,6 Grad Celsius. Im
Zeitraum 2071-2100 wird die durchschnittliche Lufttemperatur in
NRW im günstigsten Fall auf dem derzeitigen Niveau bleiben.
Im höchsten Fall des „Weiter-wie-bisher“-Szenarios könnte sie
im Schnitt auf bis zu 13,7 Grad Celsius – also um weitere 3,7
Grad Celsius – ansteigen.
Hitzebedingte Kenntage: Für den negativsten Fall des
„Weiter-wie-bisher“-Szenarios werden durchschnittlich 28
sogenannte Heiße Tage mit Temperaturen über 30 Grad Celsius pro Jahr zum Ende des Jahrhunderts erwartet (im
Vergleich zu acht Tagen pro Jahr in der Periode 1991-2020).
Tropennächte mit mehr als 20 Grad Celsius, bisher alle ein bis
zwei Jahre, werden sich vervielfachen und ggf. mehrmals im
Jahr auftreten.
Niederschläge: Das Jahr 2023 war mit einer
Niederschlagssumme von 1198 Litern pro Quadratmeter das
niederschlagsreichste (und mit 11,2 Grad Celsius auch das
wärmste Jahr) seit Beginn der Aufzeichnungen. Die
Projektionen zeigen keine wesentliche Änderung der Menge
der Jahresniederschläge, jedoch werden Sommerniederschläge
eher abnehmen und Winterniederschläge eher zunehmen.
Starkregen: Nach der Clausius-Clapeyron-Gleichung kann Luft
bei einem Grad Temperaturanstieg sieben Prozent mehr
Wasserdampf aufnehmen und den Wasserkreislauf somit
verstärken. Dies bedeutet mehr Energie für Gewitter und
schwere Regenschauer. In Kombination mit einem sich
abschwächenden Jetstream werden Starkregenereignisse
daher länger vor Ort verweilen und ihre Intensität wird
zunehmen.
Der Fachbericht 157 des LANUV stellt die fachlich-wissenschaftliche
Grundlage für die neue Klimaanpassungsstrategie des Landes
Nordrhein-Westfalen dar, die in den kommenden Wochen vom
Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr (MUNV)
veröffentlicht wird.
Informationen zur Studie des LANUV:
Fachbericht 157, Klimaprojektionen NRW:
https://www.lanuv.nrw.de/fileadmin/lanuvpubl/3_fachberichte/LANUVFachbericht_157.pdf
Karten und Informationen zum Klimawandel in NRW:
www.klimaatlas.nrw.de
Fact Sheets für die nordrhein-westfälischen Großlandschaften:
https://www.klimaatlas.nrw.de/service/infomaterialien#climate-report
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