„Sehr geehrter Grundstückseigentümer, leider habe ich Sie am Freitag, dem 7. 7. 2023, nicht persönlich angetroffen…“
Der besagte Grundeigentümer aus Fröndenberg konnte am 7. Juli nicht persönlich vom Vertreter seiner Stadt zu Hause angetroffen werden, weil er, wie viele Bürger zu Beginn der Sommerferien, verreist war. Er hatte zum Glück eine aufmerksame Nachbarin mit der täglichen Leerung seines Briefkastens beauftragt.
So erfuhr er denn von dieser telefonisch gleich an seinem zweiten Urlaubstag fern von daheim, dass seine Heimatstadt ihm in Abwesenheit eine „gelbe Karte“ verpasst hatte. Ein tatsächlich zitronengelbes Schriftstück mit der ultimativen Aufforderung, bis spätestens zum 28. Juli einige leicht in den Gehweg ragende Zweige zu kappen.
„Da habe ich ja Glück gehabt, dass mein Urlaub sowieso nur für 2 Wochen reichte“, kommentierte der Eigentümer lakonisch. „Was wäre denn gewesen, wenn ich drei Wochen oder länger verreist wäre? Hätte ich dann bei meiner Rückkehr die rote Karte kassiert?“
Der nach eigenem Bekenntnis „schon ein bisschen konsternierte“ Hausbesitzer fragt sich zudem, wieso die Stadt ihre gelben Karten ausgerechnet mitten in den Sommerferien verteilt, wenn ein großer Teil der Bürger über mehrere Wochen nicht zu Hause ist.
„Ist das vielleicht Absicht, um lästigen Diskussionen aus dem Weg zu gehen? Und wieso erfolgt dieser Rückschnittbefehl mitten in der Vegetationsphase? In einem der monierten Büsche saß bis vor wenigen Tagen noch eine Amselfamilie.“
Dass den monierten Gehweg ohnehin nur er selbst „begeht“, da er nach wenigen Metern an einer Mauer endet, sei noch eine Posse am Rande, fügt er hinzu. „Ich könnte mich ja am Ende über mich selbst beschweren.“
Da noch zwei andere Leserinnen und Leser aus Fröndenberg irritierte Nachfragen nach diesen „gelben Briefen“ aus dem Rathaus an uns stellten, schickte unsere Redaktion vorige Woche eine Vier-Punkte-Sammelanfrage an die Stadtverwaltung. Stadtsprecherin Linnenkamp beantwortete sie schriftlich.
1. Wieso verteilt die Stadt Fröndenberg diese „ultimativen“ Aufforderungen, Grün zu beseitigen, mitten in den Ferien – vermutlich doch wissend, dass sich ein großer Teil der Bürger im Urlaub befindet? Ist dies eine neue Form der Bürgerfreundlichkeit? Oder ist es Absicht, um möglichst Diskussionen aus dem Weg zu gehen?
Antwort: „Ganz im Gegenteil. Wenn die Mitarbeiter der Tiefbauabteilung der Stadt Fröndenberg auf privates Grün aufmerksam werden, dass z. B. in einen Gehweg wächst, ein Verkehrszeichen oder eine Straßenleuchte verdeckt, ist das Anlass für die städtische Tiefbauabteilung, Kontakt zu Grundstückseigentümern aufzunehmen.
Da diese jedoch trotz mehrfacher Versuche nicht immer angetroffen werden, folgte bisher in der Regel eine formelle schriftliche Aufforderung zur Beseitigung der Beeinträchtigung.
Seit April 2023 legt die Stadt Fröndenberg mit Einführung der sog. „Gelben Karte“ noch einen Zwischenschritt ein: Im Falle einer vergeblichen direkten Ansprache wird die „Gelbe Karte“ in den Briefkasten des Grundstückseigentümers eingeworfen. Sie informiert formlos über den festgestellten Missstand, verbunden mit der Aufforderung zur Beseitigung.
Von dieser niederschwelligen Kontaktaufnahme verspricht sich die Verwaltung eine für beide Seiten deutliche Vereinfachung des Verfahrens. Selbstverständlich steht das Team Tiefbau/Grünflächen zur Beantwortung eventueller Nachfragen jederzeit gerne zur Verfügung.
2. Was geschieht, wenn jemand länger im Urlaub ist, unwissend die von Ihnen gesetzte Frist versäumt? Bekommt er dann bei Rückkehr die rote Karte mit Strafzahlung verpasst?
Antwort: „Es handelt sich bei der sog. „Gelben Karte“ um eine formlose Erinnerung an die Pflicht zum Rückschnitt des Grüns auf dem privaten Grundstück im Vorfeld des ordnungsrechtlichen Verfahrens. Eine „rote Karte“ gibt es nicht.
Sollte es Gründe geben, die einem sofortigen Handeln entgegenstehen, so kann sich der Grundstückseigentümer oder die Grundstückseigentümerin beim Team Grünflächen melden und die Situation besprechen.“ (Anmerkung: Was wiederum zwangsläufig nicht geht, wenn der Betreffende im Urlaub weilt.)
3. Wieso stellt die Stadt ihre Rückschnittsforderungen (die in einem Beispiel, das uns vorliegt, einen Bürgersteig betreffen, der von Fußgängern gar nicht genutzt werden kann) mitten in der Vegetationsphase?
Antwort: „Das Team Tiefbau/Grünflächen weist darauf hin, dass oben beschriebene Schnittarbeiten der Verkehrssicherheit dienen und daher im notwendigen Umfang ganzjährig erlaubt sind. Auch innerhalb der gemäß Bundesnaturschutzgesetz festgelegten Verbotszeiten von März bis September.“
Viele Vögel brüten derzeit zum wiederholten Mal, Ästlinge hocken in den Büschen und Bäumen. Wäre es mit Blick auf den ständig propagierten Umwelt- und Klimaschutz nicht angemessen, diese Rückschnitte mit Ausnahme der aus Sicherheitsgründen wirklich notwendigen auf den Herbst zu verlegen? Zumal Fröndenberg erklärte „Klimanotstandskommune“ ist?
Antwort: „Siehe unter 2b.“
4. Wie verträgt sich diese doch recht rigide wirkende gelbe Karte-Methode mit der eigenen Praxis der Stadt Fröndenberg, z. B. Verkehrsschilder derart zuwuchern zu lassen, dass man sie kaum noch erkennt? Beispiele könnten wir jetzt aufführen, aber Sie gehen ja vermutlich selbst mit offenen Augen durch die Stadt.
Antwort: „Für alle Verkehrsschilder gilt das Gleiche: sie müssen gut einsehbar sein. Falls Ihnen diesbezüglich ein Missstand aufgefallen sein sollte, freue ich mich, wenn Sie mir mitteilen wo das ist. Ich gebe Ihre Beobachtungen gerne an das Team Grünflächen weiter.“
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[…] Im Sommer, mitten in den Ferien, verteilte die Stadt Fröndenberg (wir berichteten darüber) ‚gelbe Karten‘ für überhängende Zweige auf Bürgersteigen – mit der ultimativen Aufforderung an die Grundstückseigentümer, den Wildwuchs binnen 3 Wochen […]