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Kein Lohn am ersten Krankheitstag: Vorschlag des Allianz-Chefs sorgt für Diskussionen und Empörung

Kein Lohn am ersten Krankheitstag: Vorschlag des Allianz-Chefs sorgt für Diskussionen und Empörung

Soll der sogenannte Karenztag aus den 70er Jahren wieder eingeführt werden? Darüber ist ein öffentlicher Streit entbrannt.

Allianz-Chef Oliver Bäte hat jüngst vorgeschlagen, die Lohnfortzahlung am ersten Krankheitstag zu streichen, um Unternehmen zu entlasten. Im Interview mit dem Handelsblatt sagte er, dass die Krankheitstage hierzulande seit Jahren ansteigen würden und dass Deutschland im EU-Durchschnitt „Weltmeister bei den Krankmeldungen“ sei.

Laut Statistischem Bundesamt waren Angestellte hierzulande im Jahr 2023 durchschnittlich 15,1 Arbeitstage krank gemeldet, die DAK-Gesundheit-Krankenkasse meldete dagegen 20 Krankheitstage pro Person. Aktuell übernimmt der Arbeitgeber nach § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) die Lohnfortzahlung ab dem ersten Tag für maximal sechs Wochen. Danach zahlt die Krankenkasse i.d.R. einen reduzierten Betrag.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) kritisiert den Vorschlag und sieht angesichts der Krankmeldungen keinen Handlungsbedarf.

Die Entgeltfortzahlung bei Krankheit sei ein hohes Gut angesichts der Tatsache, dass immer mehr Menschen krank arbeiteten, sagte DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel. Der sogenannte „Präsentismus” schade der Gesundheit des ganzen Teams und dem Unternehmen, dieser Effekt würde durch einen solchen Karenztag verstärkt.

IG-Metall-Vorstandsmitglied Hans-Jürgen Urban bezeichnete es als unverschämt und fatal, den Angestellten Krankmacherei zu unterstellen. „Die deutsche Wirtschaft gesundet nicht mit kranken Beschäftigten, sondern im Gegenteil mit besseren Arbeitsbedingungen“, so Urban.

Unions-Fraktionsvize Sepp Müller hält Bätes Empfehlung indes für einen guten Ansatz, um die immer stärker beanspruchten Sozialsysteme zu entlasten. Man sollte sich vor neuen Ideen nicht verschließen.

Der Fachanwalt für Arbeitsrecht Michael Fuhlrott sagte gegenüber LTO, dass einzelne Beschäftigte das System ausnutzen würden. Er sieht auch einen Handlungsbedarf, da für Unternehmen zunehmend ein Ungleichgewicht bestehe.

Ob der Karenztag die Lösung wäre, könne er aber nicht beurteilen. Alternativ könnte die Rechtsprechung anfangen, Auswüchse bei Einzelfällen einzuschränken. „Vorstellbar wäre auch, den Lohnausfall am ersten Tag über eine private Zusatzversicherung abzudecken,” um Unternehmen zu entlasten.

Quellen civey.com, Allianz, Welt.de, Handelsblatt

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