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„Guten Tag, hier ist der Mohrenkopf!“

„Guten Tag, hier ist der Mohrenkopf!“

("Ja, ich bin Mohr!" Andrew Onuegbu, Inhaber des Restaurants "Zum Mohrenkopf" in Kiel. (Foto: Onuegbu))

„Guten Tag, hier ist der Mohrenkopf!“

Selten, dass es uns bei einem Anruf bei der Redaktion sekundenlang die Sprache verschlägt, an jenem Frühnachmittag im Herbst 2021 war es mal soweit.

Wir möchten unseren damaligen Artikel aus aktuellem Anlass heute erneut in Erinnerung rufen.

Denn in Kamen gibt es akuten Ärger, weil ein Kirmesbetreiber ein Softeis mit Schoko-Überzug als  „Eismohr“ beworben hatte, so wie es früher üblich war. Die Stadt Kamen droht im Wiederholungsfall mit Konsequenzen

Es ging um ein solches Eis:

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Zurück zu jenem denkwürdigen Nachmittag im Oktober 2021.

Der Anrufer, ein munterer Herr mit tiefer, sonorer Bassstimme, stellte sich als Andrew Onuegbu vor, Inhaber des Restaurants „Zum Mohrenkopf“ Kiel.

Jetzt klingelte es bei uns. An diesen Gastronomen hatten wir einige Tage zuvor eine Mail geschrieben mit der Anfrage, ob er sich als Betreiber eines Restaurants dieses Namens und selbst mit afrikanischen Wurzeln einmal zu den „Rassismus“-Vorwürfen äußern möchte, mit denen momentan Geschäfte und Einrichtungen mit dem „Mohr“ im Namen konfrontiert sind.

So soll die Betreiberin der „Mohren-Apotheke“ in Dortmund-Körne ihre Apotheke umbenennen, fordern Aktivisten.  „Mohr“ sei rassistisch.

„Das ist vollkommener Quatsch“, betont Andrew Onuegbu dazu. Ja, er will sich gern und unbedingt zu dieser Debatte äußern, sie beschäftigt ihn schon seit geraumer Zeit. Sie treibt ihn um.

„Das Wort ,Mohr´für einen Menschen mit dunkler Hautfarbe war nie ein reines Schimpfwort und erst recht nicht rassistisch. Die heutigen Politiker kümmern sich nur noch um Nebensächlichkeiten, ich finde das furchtbar!“, redet sich Onuegbu in Rage.

Er erzählt uns, wie er zu seinem eigenen Restaurant mit genau diesem Namen kam. 1972 wurde er in Biafra/Nigeria geboren, kam 1992 nach Deutschland. „Dort habe ich Arbeit gesucht in der Gastronomie. Ich fing an als Küchenhilfe, habe dann Koch gelernt und meinen Ausbildungsschein gemacht.“

2007 eröffnete er sein Restaurant „Zum Mohrenkopf“.

„Ich habe mir lange Gedanken gemacht über den passenden Namen“, erzählt Andrew Onuegbu. „Es musste ein Name sein, der nicht alltäglich ist, der im Gedächtnis bleibt und den man vor allem mit mir identifiziert.“

„Mohrenkopf“ erschien ihm da ideal passend. „Schauen Sie mich an“, lacht er, lauthals und sympathisch, „bin ich ein Mohrenkopf oder nicht?“

Zumal einer, der sich in der Kochkunst versteht, und so begreift der nigerianische Gastronom den Namen seines Lokals doppeldeutig. Er hat sich mit dem Ursprung des Begriffs „Mohrenkopf“ beschäftigt und erklärt das auch den Besuchern auf seiner Restauranthomepage:

„Der Mohrenkopf wies im Mittelalter diejenigen Häuser aus, die als Fürstenherberge dienten. Außerdem galt er als besonderes Zeichen für eine hervorragende Küche und eine zuvorkommende Bewirtung.“

Sprich, „der Mohrenkopf ist ausgesprochen positiv besetzt“, betont Andrew Onuegbu. „Schwarze gelten als gute Köche und gute Mediziner, als Kenner in der Heilkunst.“ Daher hält der „Mohr Onuegbu“ („ich bin Mohr und stolz darauf!“) die momentanen Versuche, Namen wie „Mohren-Apotheke“ aus den Stadtbildern zu verbannen, nicht nur „sehr dumm“, er findet diese Diskussion „furchtbar“.

„Meine feste Überzeugung ist: Die Sprachpolizei kann Rassismus nicht verhindern. Man kann alle Logos und alle Namensschilder in ganz Deutschland runterreißen. Echter Rassismus ist in den Köpfen und bleibt dort, auch wenn alle Logos weg sind und alle Namen geändert sind!“

Der afrikanisch stämmige Unternehmer und Familienvater ist das, was man einen perfekt integrierten Zuwanderer nennt. Bevor er nach Deutschland kam, erzählt er, habe er sich intensiv über die dort geltenden Regeln, die Kultur informiert.

„Bevor man in ein anderes Land geht, egal in welches, soll man erstmal erkunden, wie die Menschen dort leben. Wenn man das nicht akzeptieren kann, soll man nicht hingehen.“ Von sich selbst sagt er: „Ich bin nicht im Namen des Propheten gekommen, ich kam als mein eigener Prophet.“

Seinen Kindern habe er von klein auf eingeprägt: Lernt, seid fleißig, passt gut in der Schule auf. Dass ihr eine andere Hautfarbe habt, ist keine Ausrede für schlechte Noten.“ Seine Tochter studiert inzwischen, er nennt sie liebevoll „Vollmilchschokolade“ („ihre Mutter ist weiß“).“

Sich selbst sieht er selbstbewusst als Mohr, mit allen positiven Bedeutungen, „und hier sagen alle Afrikaner zu mir Mohrenkopf, das ist mein Markenzeichen und überhaupt nicht beleidigend. Im Gegenteil.“

Kann er verstehen, wenn das andere Menschen mit dunkler Hautfarbe anders sehen, sich durch den Namen seines Lokals verletzt, gedemütigt fühlen? Andrew Onuegbu argumentiert mit aller Überzeugungskraft dagegen an. Er erklärt die historische Bedeutung des „Mohrenkopfs“ auf der Homepage seines Lokals, geht auch keiner direkten Diskussion aus dem Weg.

Wurde er selbst schon aufgefordert, sein Restaurant umzubennen? Ja, er nickt, „einige Parteigänger“ hätten das schon von ihm verlangt, „manche üben auch Druck aus, so in der Richtung, das könne sich negativ auf mein Lokal auswirken.“

Für ihn kein Gedanke. „Auf gar keinen Fall wird das Restaurant umbenannt!“

Auf offene Rassismusvorwürfe wegen des „Mohrenkopfs“ hat Andrew Onuegbu einmal ein denkwürdiges Exempel statuiert:

„Ein Paar kam ins Restaurant, der Mann Afrikaner, die Frau Deutsche. Sie sagten: Wieso hat das Restaurant diesen Namen? Das ist rassistisch. Holen Sie Ihren Chef! – Ich sagte, ja, sofort, ich hole den Chef. Ich ging weg, kam zurück und sagte: Ich bin der Chef! Und dann sagte ich den beiden: Genau das, was hier gerade geschehen ist – DAS ist Rassismus. Denn Sie sind von vornherein davon ausgegangen: Ein Schwarzer kann nicht der Restaurantchef sein.“

Das zerknirschte Paar hat sich dann ausgiebig entschuldigt. „Und danach sind sie zum Essen geblieben.“

Kommentare

WORDPRESS: 5
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  • schmunzler vor 4 Wochen

    Persönlich habe ich mit den Begriffen noch nie negative Assoziationen gehabt: Den „Mohrenkopf“ zu verbieten, ist rassistisch.
    Genauso wie den Kopf eines älteren schwarzen Herrn auf der Reispackung, der weltweit zu Recht als Symbol für Markenreis stand.
    Oder der Sarottimohr, der weltweit zu Recht als Markensymbol für edle Süßigkeiten aus Arabien stand und durch einen „weißen“ ersetzt wurde.
    Linke Nazis finden das bestimmt gut. Sie merken bei vielem nicht, was ihnen da unter der Bezeichnung „Links“ angedreht wird. Die Stadt Kamen will nun tatächlich ohne Legitimation Weltsprachepolizei spielen.

  • Es gibt noch normale, vernünftige Menschen. Von denen wir hier noch sehr viele händeringend gebrauchen können. Im Gegensatz zu kriminellen Kostgängern.

    Dank an Herrn Oneogbu. Und weiterhin guten Erfolg 👍

  • Werner Kelm vor 4 Wochen

    Schwarz ist für mich nicht farbig. Eher ein Kontrast zu Weiß. Aber Weiß regt sich auf, obwohl sie sich eher bunt fühlen. Es gibt auch rote, gelbe, braune Menschen! Egal ob Haut oder Haare.

  • Claudia BILDSTEIN vor 3 Wochen

    Solang kein
    NIGGER-EIS pfeilgeboten wird.
    Das Wort Nigger ist nur für mich negativ und beleidigend.
    Alles andere sind Beschreibungen die ich als alter Mensch gelernt habe und ohne Hintergedanken verwende.
    Wer in Mohr und Neger etwas anderes hineininterpretiert bzw. sich bei der Verwendung ungut fühlt, ist es selber schuld.
    Auch, wenn ich jemanden frage, wo er her kommt, dann ist es einzig und allein aus Interesse an der gefragten Person gepaart mit Freundlichkeit, egal ob grün, weiß, gelb, rot oder BLAUUUUUUUU, Bayer, Friese, Unneraner oder Fröndenberger….