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Nach Bayern verbietet jetzt auch Hessen „Gendersternchen“ und Co. in Behörden

Nach Bayern verbietet jetzt auch Hessen „Gendersternchen“ und Co. in Behörden

„Und deswegen werden wir festschreiben, dass die öffentliche Verwaltung sowie weitere staatliche und öffentlich-rechtliche Institutionen auf das Gendern mit Sonderzeichen verzichten.“

So kündigte es der hessische Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) am 24. Januar in seiner Regierungserklärung für die neue schwarz-rote Koalition an. Jetzt macht die Landesregierung Ernst.

Nach Bayern verbietet auch die CDU-geführte Regierung in Hessen Verwaltungsmitarbeitern grammatikalische Zeichen wie Sternchen und das Binnen-I. Das solle die Verwaltung „bürgernah“ machen. Im ebenfalls CDU-regierten Sachsen ist das Gendern an Schulen verboten.

Boris Rhein, der als deutlicher Sieger aus der hessischen Landtagswahl hervorgegangen war und seinen langjährigen Grünen-Partner düpierte, indem er von Schwarz-Grün auf Schwarz-Rot umschwenkte, begründete das Sternchenverbot in seiner Erklärung wie folgt:

„Der Koalitionsvertrag von CDU und SPD atmet den Geist von Freiheit. Leben und leben lassen. Das ist unser Motto und der mündige Bürger ist das Leitbild unserer Politik. Das bedeutet: Anreize statt Verbote, Beteiligung statt Bevormundung und Entlastung statt Belastung.

Ich möchte keinen Kulturkampf ums Gendern führen. Das soll im Privaten jeder so handhaben, wie er es für richtig hält.

Aber es ist nicht in Ordnung, wenn eine Hausarbeit in Schule oder Uni schlechter bewertet wird, weil der Autor nicht gendert.“

 Nicht mehr erlaubt sind jetzt neben dem Gendersternchen der Doppelpunkt, das Binnen-I oder der Unterstrich zur Kennzeichnung mehrerer Geschlechter in einem Wort.

„Zu einer bürgernahen Verwaltung gehört auch eine einheitliche und verständliche Sprache“, teilte die Staatskanzlei am heutigen Donnerstag, 28. März, auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa mit. Mit einer neuen Dienstanweisung des Ministerpräsidenten werde daher für alle Stellen der Landesverwaltung einheitlich festgelegt, wie eine geschlechtergerechte und verständliche Sprache aussehe.

Auch unsere Redaktion gendert nicht. Die Gründe haben wir HIER erläutert

Der Rat für deutsche Rechtschreibung hatte sich zuletzt Mitte Dezember 2023 erneut dagegen ausgesprochen, Gender-Sonderzeichen in das amtliche Regelwerk der deutschen Rechtschreibung aufzunehmen. Das Gremium wies darauf hin, dass es sich hier um „grundlegende Eingriffe in Wortbildung, Grammatik und Orthografie“ handle.

Wörtlich heißt es in der Erklärung des Rates zum Gendern:

„Der Rat für deutsche Rechtschreibung hat in seiner Sitzung am 15.12.2023 seine Auffassung bekräftigt, dass allen Menschen mit geschlechtergerechter Sprache begegnet werden soll. Dies ist eine gesellschaftliche und gesellschaftspolitische Aufgabe, die nicht mit orthografischen Regeln und Änderungen der Rechtschreibung gelöst werden kann. Das Amtliche Regelwerk gilt für Schulen sowie für die öffentliche Verwaltung (einschl. Rechtspflege). Der Rat hat vor diesem Hintergrund bereits in seiner Sitzung am 14.07.2023 in Eupen die Aufnahme von Asterisk („Gender-Stern“), Unterstrich („Gender-Gap“), Doppelpunkt oder anderen Sonderzeichen im Wortinnern, die die Kennzeichnung aller Geschlechtsidentitäten vermitteln sollen, in das Amtliche Regelwerk der deutschen Rechtschreibung nicht empfohlen. Der Rat hat aufgrund der Rückmeldungen aus der Anhörung zu dieser Empfehlung in seiner Sitzung am 15.12.2023 in Mainz Erläuterungen und Begründungen zu dieser Entscheidung beschlossen. Darin bestätigt und erläutert er seine am 16.11.2018 und 26.03.2021 beschlossenen Kriterien geschlechtergerechter Schreibung.

Geschlechtergerechte Texte sollen

  • sachlich korrekt sein,
  • verständlich und lesbar sein,
  • vorlesbar sein (mit Blick auf Blinde und Sehbehinderte, die Altersentwicklung der Bevölkerung und die Tendenz in den Medien, Texte in vorlesbarer Form zur Verfügung zu stellen),
  • Rechtssicherheit und Eindeutigkeit in öffentlicher Verwaltung und Rechtspflege gewährleisten,
  • möglichst automatisiert übertragbar sein in andere Sprachen, vor allem im Hinblick auf deutschsprachige Länder mit mehreren Amts- und Minderheitensprachen (Schweiz, Bozen-Südtirol, Ostbelgien; aber für regionale Amts- und Minderheitensprachen auch Österreich und Deutschland),
  • die Möglichkeit zur Konzentration auf die wesentlichen Sachverhalte und Kerninformationen sicherstellen.
  • das Erlernen der geschriebenen deutschen Sprache nicht erschweren.

Für den Hochschulbereich ist eine Zunahme einer geschlechtergerechten Schreibung mit Sonderzeichen im Wortinneren in systematischer Abweichung von den Regelungen im Amtlichen Regelwerk der deutschen Rechtschreibung zu beobachten. Inwieweit den Hochschulen das Recht zusteht, von der amtlichen deutschen Rechtschreibung abzuweichen, ist strittig.
Hochschulen und Lehrende haben zu beachten, dass sie für die Bildung und Ausbildung der Lehrkräfte an öffentlichen Schulen Verantwortung tragen, in denen Schülerinnen und Schülern die Rechtschreibung nach dem Amtlichen Regelwerk zu vermitteln ist, auf das sich die zuständigen staatlichen Stellen der deutschsprachigen Länder verständigt haben.

Die Schule ist der Ort der Vermittlung der orthografischen Normen. Die geschriebene deutsche Sprache ist von Schülerinnen und Schülern erst noch zu lernen, was nicht ohne Schwierigkeiten ist, wie nationale und internationale Bildungsstudien regelmäßig belegen. In den jüngeren Jahrgangsstufen geht es vor allem um den Erwerb einer sicheren Rechtschreibkompetenz. Deshalb hat die Systematik der Rechtschreibung und ihrer Regeln den Schwerpunkt des Unterrichts zu bilden. In den höheren Schulstufen können dann auch die Entwicklungen der geschriebenen Sprache der letzten Jahre mit den Sonderzeichen im Wortinnern und zwischen Wörtern zur Kennzeichnung einer geschlechtsübergreifenden Schreibintention thematisiert und reflektiert werden. Vorgaben für die Bewertungspraxis liegen in der Zuständigkeit der Schulpolitik und obliegen nicht dem Rat für deutsche Rechtschreibung. Ob in diesem Sinne ggf. eine „rezeptive Toleranz“ als eine schulpolitische Handlungsoption zu betrachten ist, obliegt ebenfalls den verantwortlichen staatlichen Stellen.

Der Rat für deutsche Rechtschreibung wird die weitere Schreibentwicklung beobachten, denn geschlechtergerechte Schreibung ist aufgrund des gesellschaftlichen Wandels und der Schreibentwicklung noch im Fluss.

Die am 15.12.2023 beschlossenen „Erläuterungen und Begründung zum Ergänzungspassus ‚Sonderzeichen‘ im Amtlichen Regelwerk für die deutsche Rechtschreibung“ sind auf der Website des Rats www.rechtschreibrat.com veröffentlicht.

Hintergrund: Der Rat für deutsche Rechtschreibung wurde im Jahr 2004 auf der Basis der Wiener Absichtserklärung zur Neuregelung der deutschen Rechtschreibung der Repräsentanten der deutschsprachigen Länder vom 01.07.1996 als Nachfolgegremium der Zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung gegründet. Er wird getragen von der Bundesrepublik Deutschland, der Republik Österreich, der Schweizerischen Eidgenossenschaft, der Autonomen Provinz Bozen-Südtirol, der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens und dem Fürstentum Liechtenstein. Luxemburg ist mit beratender Stimme vertreten. Er hat die Aufgabe, die Einheitlichkeit der Rechtschreibung im deutschen Sprachraum zu bewahren und die Rechtschreibung auf der Grundlage des orthografischen Regelwerks (Regeln und Wörterverzeichnis) im unerlässlichen Umfang weiterzuentwickeln. Dazu gehören insbesondere die ständige Beobachtung der Schreibentwicklung, die Klärung von Zweifelsfällen der Rechtschreibung und die Erarbeitung und wissenschaftliche Begründung von Vorschlägen zur Anpassung des Regelwerks an den allgemeinen Wandel der Sprache. Seine Vorschläge zur Anpassung des Regelwerks erhalten Bindungswirkung für Schule und öffentliche Verwaltung durch Beschluss der zuständigen staatlichen Stellen.

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Quellen: Landesregierung Hessen / Der Spiegel / dpa / Rat für deutsche Rechtsschreibung

 

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