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Schnellere Einbürgerung, Doppelpass als Regel: Bundestag beschließt reformiertes Staatsbürgerschaftsrecht

Schnellere Einbürgerung, Doppelpass als Regel: Bundestag beschließt reformiertes Staatsbürgerschaftsrecht

Der Bundestag hat am heutigen  Freitag, 19. Januar, ein reformiertes Staatsangehörigkeitsrecht beschlossen. Einbürgerungen sollen künftig schneller möglich sein.

Die Ampelkoalition will schnellere Einbürgerungen unter bestimmten Voraussetzungen ermöglichen, damit die Integration erleichtern und attraktiver für Fachkräfte aus dem Ausland werden.

In namentlicher Abstimmung votierte eine Mehrheit der Abgeordneten für die Reform. Unter den 639 abgegebenen Stimmen waren 382 Ja-Stimmen und 234 Nein-Stimmen, bei 23 Enthaltungen. Bei der Abstimmung in zweiter Lesung hatten zuvor die Ampel-Fraktionen SPD, Grüne und FDP für die Neuerungen gestimmt und CDU/CSU sowie AfD dagegen. Die fraktionslosen Abgeordneten, von denen die meisten der Linken oder dem Bündnis Sahra Wagenknecht angehören, enthielten sich.

Das Gesetz soll drei Monate nach Verkündigung in Kraft treten – also voraussichtlich im April.

„Die Modernisierung des Staatsangehörigkeitsgesetzes soll Deutschland für hochqualifizierte Fachkräfte attraktiver machen und gut integrierten Menschen eine Perspektive schaffen“, heißt es in einer Pressemitteilung des Bundesinnenministeriums vom Freitagmittag,19. 1.. „Mit dem Gesetzesvorhaben leitet die Bundesregierung einen längst überfälligen Paradigmenwechsel ein.

„Die Staatsangehörigkeit zu erwerben, fördert und beschleunigt in vielen Bereichen die Integration. Wer diesen Schritt geht, dokumentiert, dass er sich mit unserem Land, unserer Demokratie und unseren Werten identifiziert.“

BUNDESINNENMINISTERIN NANCY FAESER

„Im internationalen Wettbewerb um hochqualifizierte Arbeitskräfte soll mit der Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts eine dauerhafte Bleibeperspektive entstehen. Das Gesetz zielt aber auch auf die Menschen, die bereits seit vielen Jahren in Deutschland leben und nicht die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen.

Die Annahme der deutschen Staatsangehörigkeit stehe am Ende einer gelungenen Integration, so Faeser. Eine doppelte Staatsbürgerschaft soll laut Gesetzesentwurf möglich sein, eine Einbürgerung bereits nach fünf Jahren und bei besonders guter Integration, zum Beispiel durch hohes gesellschaftliches Engagement, bereits nach drei Jahren ermöglicht werden. Gleichzeitig stellt das Gesetz hohe Anforderungen, bspw. sehr gute Deutschkenntnisse und eine wirtschaftliche Unabhängigkeit vom Staat.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser betont:

Wir lassen keinen Zweifel: Wer sich nicht zu den Werten unserer Verfassung bekennt, kann kein deutscher Staatsangehöriger werden! Und das stellen wir sicher!

Denn deutscher Staatsangehöriger kann nur werden, wer sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekennt. Die Existenz und Sicherheit Israels sind Teil der deutschen Staatsräson und jüdisches Leben gehört zu Deutschland. Wer Teil unserer Gesellschaft sein will, muss diese entscheidenden Lehren aus der deutschen Vergangenheit mittragen.


Einbürgerungsfrist

Die Dauer, nach dem Nichtdeutsche die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten können, wird von derzeit 8 auf 5 Jahre verkürzt, bei „besonderen Integrationsleistungen“ schon auf drei Jahre (bei guten Sprachkenntnissen  ehrenamtlichem Engagement, sehr guten Leistungen in Beruf oder Schule).

Doppelte Staatsbürgerschaft

Mehrstaatlichkeit soll künftig grundsätzlich möglich sein – bisher ist das auf wenige Herkunftsländer beschränkt. Alle anderen müssen ihren Heimatpass beim Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit abgeben.  Die Bundesregierung hält das für ein Abschreckungsmoment für viele Menschen, die die Verbundenheit zu ihrem Heimatland nicht per Pass-Abgabe kappen wollen.

Deutsche Staatsangehörigkeit für Kinder

In Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern erhalten künftig sofort die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn mindestens ein Elternteil seit mehr als 5 Jahren rechtmäßig in Deutschland lebt (auch hier bisher 8 Jahre). Prinzipiell sollen solche Kinder beide Staatsangehörigkeiten erhalten und dauerhaft behalten können.

Sprachkenntnisse

Wer den deutschen Pass erwerben will, muss dafür Nachweise für gute Integration und gute Deutschkenntnisse erbringen. Ausnahmen gelten hier für Angehörige der sogenannten Gastarbeitergeneration, die häufig schon seit Jahrzehnten in der Bundesrepublik leben. Für sie soll künftig ein schriftlicher Einbürgerungs- sowie Deutsch-Test entfallen. Mit diesen Erleichterungen solle die „Lebensleistung“ dieser älteren Generation gewürdigt werden,

Lebensunterhalt

Eine weitere Bedingung für die Einbürgerung ist und bleibt, dass die Anwärter ihren Lebensunterhalt sowie den von unterhaltsberechtigten Familienangehörigen selbst bestreiten müssen. Auch hier sehen die neuen Regelungen Ausnahmen für Gastarbeiter vor.

Bekenntnis zum Grundgesetz

Für eine Einbürgerung müssen sich Ausländer wie bisher zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen. Dazu heißt es im Gesetzestext, dass „antisemitisch, rassistisch, gegen das Geschlecht oder die sexuelle Orientierung gerichtete oder sonstige menschenverachtend motivierte Handlungen“ mit der Menschenwürdegarantie des Grundgesetzes unvereinbar sind. 

Bekenntnis gegen Antisemitismus

Das Bekenntnis soll den Plänen der Ampelkoalition nach künftig erweitert werden. Hintergrund sind unter anderem die teils antisemitischen Proteste auf deutschen Straßen nach dem Angriff der Terrormiliz Hamas aus Israel. Darum soll künftig auf das Bekenntnis „zur besonderen historischen Verantwortung Deutschlands für die nationalsozialistische Unrechtsherrschaft und ihren Folgen, insbesondere für den Schutz jüdischen Lebens“ gefordert werden. Mit Blick auf Russlands Angriff auf die Ukraine wird auch auf das „Verbot der Führung eines Angriffskrieges“ verwiesen. Haltungen, die dem entgegenstehen, sollen eine Einbürgerung unmöglich machen.

Entzug der Staatsangehörigkeit

Die Einbürgerung kann binnen 10 Jahren wieder entzogen werden – bei arglistiger Täuschung,  unrichtigen Angaben und unrichtigen Erklärungen zum Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung.

Die neuen Regelungen können voraussichtlich im April in Kraft treten. Derzeit lebenlaut Bundesinnenministerium rund 12 Mio. Menschen mit nichtdeutscher Staatsbürgerschaft in Deutschland. Von diesen halten sich demnach rund 5,3 Millionen seit mindestens 10 Jahren in der Bundesrepublik auf.

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