+++ UPDATE am 21. 2. 24 +++
Der Prozess wurde heute fortgesetzt. Besonders im Fokus stand die Frage, wie Mouhamed D., der zuerst ein Küchenmesser gegen sich selbst gerichtet haben soll, sich auf die Polizisten vor den tödlichen Schüssen zubewegt hat. Hier gingen die Schilderungen der Sozialarbeiter auseinander: Einer sagte aus, Jugendliche sei langsam auf die Polizisten zugegangen und habe die Arme hängen lassen. Andere Zeugen schilderten, der 16-Jährige habe sich schnell in Richtung der Polizisten bewegt. Aufgrund der räumlichen Situation konnten alle Zeugen die Bewegungen nicht vollständig sehen. Der genaue Ablauf könnte aber eine große Rolle spielen. Denn bei dieser Bewegung wurde der 16-Jährige von mehreren Schüssen aus der Maschinenpistole eines Polizisten tödlich getroffen. Der Schütze ist deshalb wegen Totschlags angeklagt. Bis zum Urteil gilt die Unschuldsvermutung. Es sind rund zwei Dutzend weitere Verhandlungstage angesetzt. Am 28. Februar sollen erstmals auch Polizisten als Zeugen aussagen, die selbst an dem Einsatz beteiligt waren, aber nicht angeklagt wurden.
———————————————————————————————————-
Am Landgericht Dortmund wird derzeit gegen fünf Polizeibeamte des Präsidiums Dortmund verhandelt, die an dem tödlichen Einsatz gegen einen senegalesischen Flüchtling am 8. 8. 2022 in der Dortmunder Nordstadt beteiligt waren.
Der junge Afrikaner starb durch Schüsse aus der Maschinenpistole eines der eingesetzten Beamten. Wir berichteten.
Ein Reporter des WDR schilderte am heutigen dritten Verhandlungstag die Aussagen zweier Zeugen, die in jenem Sommer Mitarbeiter der Dortmunder Jugendeinrichtung waren, in der Mouhamed D. starb.
Dann habe er die Besprechung der Polizisten gehört:
Fall ein Ansprechen nicht erfolgreich sei, wolle man den Jungen mit Pfefferspray „aus der Reserve locken“, so der Zeuge. Zuletzt habe sich der Einsatzleiter an den späteren Todesschützen gewandt und zu ihm gesagt: „Du bist unsere Last Chance, unser Last Man Standing„.
Zur Situation im Innenhof gibt es verschiedene Aussagen: der besagte Zeuge erklärte, Mouhamad sei „langsam und desorientiert“ auf die Polizisten zugegangen, nach anderen Aussagen soll er auf sie zugerannt sein. Die Polizisten hätten, so der Zeuge, „Messer weg!“ gerufen, den Taser eingesetzt, und kurz darauf seien die Schüsse gefallen.
Der Gerichtsreporter des WDR schildert die Aussage wie folgt weiter:
„Mouhamed Dramé habe vor Schmerzen „gejohlt“. Der Einsatzleiter sei daraufhin auf den am Boden liegenden Dramé zugegangen. „Wird alles gut“, soll er laut dem Sozialarbeiter gesagt und dann dem Jugendlichen leicht in den Bauch getreten haben. Das sei aber kein starker Tritt gewesen, erklärt der Zeuge auf Nachfrage des Vorsitzenden Richters Kelm.“
Die Befragung des Zeugen musste abgebrochen werden, weil er sich erschüttert nicht mehr in der Lage sah, klar zu antworten.
Der Leiter der Einrichtung bestätigte, dass sich der junge Flüchtling im Innenhof ein Küchenmesser in Richtung seines Bauches gehalten habe, „ganz klar in der Absicht der Selbstverletzung“. Sein anschließendes Telefonat mit der Leitstelle der Polizei dauerte bis zu den tödlichen Schüssen. Es wurde aufgezeichnet und im Gerichtssaal verlesen. Der Teamleiter habe der Polizei erklärt, dass Mouhamad D. Französisch und Spanisch spreche.
Der Fall sei für das gesamte Team und auch die Jugendlichen der Einrichtung eine „traumatische Erfahrung“ gewesen.
Die angeklagten Polizisten haben sich zu den Vorwürfen bisher nicht geäußert. Der Prozess soll am 31. Januar fortgesetzt werden.
Der WDR schließt seinen Bericht mit dem Satz: „Bis zu einem Urteil gilt die Unschuldsvermutung.“
Quellen: WDR Dortmund / Archivberichte AaH
Kommentare
Warum zur Hölle schickt man die aktive Sterbehilfe bei Selbstmordgefahr? Der Bub ist ja nicht der erste Suizidgefährdete der durch „Polizeihilfe“ gestorben ist. Bei so etwas hat die Bullerei nichts zu suchen sondern ein ausgebildeter Psychologe muß her!