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Nach monatelangem Streit: Neue Kernpunkte künftiger Asylpolitik in Deutschland

Nach monatelangem Streit: Neue Kernpunkte künftiger Asylpolitik in Deutschland

Nach monatelangem öffentlichem Streit haben sich die Länderchefs in der vergangenen Nacht (6./7. 11.) in einer Marathonsitzung mit dem Kanzleramt auf Eckpunkte einer veränderten Asylpolitik geeinigt. Es wird noch mehr Steuergeld fließen, noch mehr soll im Gegenzug aber eingespart werden.

Pro Asylbewerber und Jahr wolle der Bund eine Pauschale von 7.500 Euro zahlen, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am frühen Morgen zum Abschluss der Ministerpräsidentenkonferenz in Berlin. Außerdem sollen Länder und Kommunen durch einen veränderten Leistungsbezug für Asylbewerber gut eine Milliarde Euro einsparen.

Scholz sprach laut Medienberichten von einem „historischen Moment“, knüpfte damit an den „Doppel-Wumms“ an oder sein Wort von der „Zeitenwende“.

Kosten für Versorgung von Flüchtlingen

Die Länder hatten eine Rückkehr zu einem sogenannten „atmenden System“ gefordert, bei dem sich die Bundeszuschüsse nach der Zahl der ankommenden Geflüchteten und Migranten orientieren. 7.500 Euro pro Asylbewerber hat der Bund nun zugesagt plus in der ersten Hälfte 2024 eine Abschlagszahlung in Höhe von 1,75 Milliarden Euro.

Leistungskürzung für Asylsuchende

Wenn sich ein Asylverfahren lange hinzieht, sollen nicht 18, sondern 36 Monate lang Leistungen aus dem Asylbewerberleistungsgesetz gezahlt werden. Aktuell haben Asylbewerber eineinhalb Jahre lang Anspruch auf Unterkunft, Essen, Kleidung, Gesundheitspflege, Gebrauchs- und Verbrauchsgüter. Statt solcher Sachleistungen sind teils auch Wertgutscheine oder Geldleistungen vorgesehen. Nach 18 Monaten steigen die Sätze ungefähr auf Höhe der regulären Sozialhilfe. Dieser Schritt soll künftig später erfolgen, was eine Leistungskürzung bedeutet.

Mindestens einen Teil ihrer Leistungen sollen Asylsuchende künftig als Guthaben auf eine Bezahlkarte bekommen. Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe soll bis zum 31. Januar Vorschläge für bundesweit einheitliche Mindeststandards erarbeiten. Möglicherweise gibt es auch die Option zur Auszahlung eines Taschengelds in bar.

Behörden und Gerichte sollen Asylverfahren in Deutschland künftig deutlich schneller abarbeiten. Die erste Entscheidung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge soll im Regelfall nach 6 Monaten vorliegen, ebenso lange soll ein Gerichtsverfahren in erster Instanz dauern. Bei Bewerbern aus Staaten mit unter 5 Prozent Anerkennungsquote sollen die Verfahren nur 3 Monate dauern dürfen.

Asylverfahren außerhalb Europas, auf die CDU-Ministerpräsidenten drängen (auch Hendrik Wüst aus NRW), sollen „unter Achtung der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention … geprüft werden“.  Bisher hatte Kanzler Scholz darauf verwiesen, dass zunächst Länder gefunden werden müssten, die dazu bereit seien. Denkbar wären Transitstaaten, also auf dem Weg nach Europa, oder die Rücksendung Asylsuchender aus Deutschland in Länder außerhalb Europas, wo sie dann ihr Asylverfahren durchlaufen würden.

An den Landesgrenzen zu Österreich, zur Schweiz, zur Tschechischen Republik und zu Polen sollen die aktuellen Grenzkontrollen aufrechterhalten werden. Die Länder und die Bundespolizei wollen weiter eng bei der Bekämpfung der Schleusungskriminalität und der irregulären Einwanderung zusammenarbeiten.

Kommission für Migration

Die Bundesregierung will zu  Migration und Integration in Abstimmung mit den Ländern eine Kommission einrichten. Einbezogen werden sollen z. B. Kirchen und Gewerkschaften,  Wissenschaftler und Organisationen, die sich für die Belange von Asylbewerbern einsetzen.

Kommentare

WORDPRESS: 1
  • St. Gremling vor 10 Monaten

    Hört sich erstmals gut an.
    1 Milliarde sind aber angesichts 50 Milliarden gesamt mit steigender Tendenz, die durch diesen Kompromiss nicht verhindert wird, Peanuts.
    Selbst bei schnelleren Asylentscheidungen bleibt das Ergebnis gleich.
    Die Abgelehnten können nicht abgeschoben werden da die Grünen selbst beliebte Urlaubsländer, aus denen derzeit eine Vielzahl der Asylanten kommt, nicht als sichere „Abschiebeländer“ sehen.
    Alle erhalten eine Duldung und verbesserte, teure Gesundheitsversorgung die wir über höhere Beiträge zahlen dürfen und nach 5 Jahren automatisch die „Einbürgerung“ wie von der HAmpel gewünscht.
    Final wird sich an der Situation für Kommunen und Bürger durch den Kompromiss nichts ändern.
    Zumal der „historische Moment“ am Folgetag durch die Pressekonferenz von Ricarda Lang, Vorsitze der Grünen, zur Lachnummer degradiert wurde denn mit ihren Worten ist der lang ausgehandelte Kompromiss letztlich nur ein Vorschlag und mit den Grünen nicht zu machen.