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„Sticht der zu – oder schießt die Polizei?“

„Sticht der zu – oder schießt die Polizei?“

Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) hat nach den tödlichen Polizeischüssen auf einen 16-jährigen afrikanischen Flüchtling am 8. August in Dortmund „hundertprozentige Aufklärung“ angekündigt.

Zugleich nimmt Reul seine Polizei in Schutz.

„In dieser Situation ging es um die Frage: Sticht der zu – oder schießt die Polizei?“

In einem Interview im WDR 5 betonte Reul, dass es bei den Ermittlungen „fair zugehen“ müsse. Die Polizisten hätten sich in einer „ungeheuer schwierigen Lage“ befunden.

Betreuer in der Jugendeinrichtung im Dortmunder Norden hätten die Polizei alarmiert,  als der 16-jährige unbegleitete Flüchtling mit Suizid gedroht habe. Er hatte ein Messer bei sich.

Die Polizei habe dann in einem Stufenverfahren versucht zu deeskalieren.

„Erst sind Polizisten in Zivil hingegangen und haben versucht, ihn runterzureden. Als das nicht wirkte, hat man versucht, ihn mit Reizgas abzulenken.“ Als Nächstes sei ein Elektroschockgerät (Taser)  eingesetzt worden, das seine Wirkung aber verfehlt habe. Warum, wird noch von den Ermittlern zu klären sein.

Der 16-Jährige sei „immer aufgeregter, ich sag‘ mal angespannter, aggressiver auf die Polizisten zugerannt“, beschrieb Reul, was bisher als gesichert erscheint.

„Und in dieser Situation ging es um die Frage: Sticht der zu – oder schießt die Polizei?“, macht Reul diese unglaublich schwierige Lage klar.

Die Ermittlungen führt aus Neutralitätsgründen die Polizei Recklinghausen, zugleich ermittelt die Dortmunder Polizei in einem Recklinghäuser Fall. Auch dort hat es vor einigen Tagen, am Sonntag 7. 8., einen ein tödlichen Polizeieinsatz gegeben.

Zeugen hatten gegen 19.35 Uhr die Polizei alarmiert, weil ein Mann in einer Wohnung randalierte. Nach bisherigen Erkenntnissen war auch eine Frau in der Wohnung, die sich aber selbst in Sicherheit bringen konnte. Schon zu Beginn des Einsatzes befanden sich Schaulustige vor Ort.

Der 39-Jährige aus Oer-Erkenschwick ließ sich von den Polizeibeamten nicht beruhigen und leistete massiven Widerstand, so dass Pfefferspray eingesetzt und der Mann fixiert werden musste.

Im Rahmen des Einsatzes verlor der 39-Jährige das Bewusstsein und wurde mit einem Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht. An der Einsatzstelle hatten sich laut Polizeimitteilung zwischenzeitlich etwa 150 Schaulustige versammelt.

Im Laufe der Nacht verstarb der Mann. „Es bestehen Anhaltspunkte dafür, dass der Oer-Erkenschwicker Drogen genommen hatte“, schilderte die Recklinghäuser Polizei, bevor sie den Fall – aus Neutralitätsgründen – ans  Polizeipräsidium Dortmund abgab.

Experten fordern jetzt eine unabhängige Stelle für Ermittlungen gegen Polizeibeamte in NRW. Dazu sagte Minister Reul, dass der Beamte, der geschossen hat, von der Staatsanwaltschaft als Verdächtiger behandelt werde – genau wie jeder andere Bürger in einem solchen Fall.

„Wir sollten aufpassen, dass wir da nicht so eine Misstrauensstimmung kriegen, als ob man denen nicht trauen kann.“

Der Tod des 16-Jährigen hatte eine Debatte über Polizeigewalt ausgelöst. Am Dienstagabend demonstrierten in Dortmund 250 Menschen, am Mittwoch knapp 400.

Quellen: WDR,  ZEIT.de

Kommentare

WORDPRESS: 7
  • […] +++UPDATE 12. August – Innenminister Herbert Reul stärkt der Polizei den Rücken+++ […]

  • D. Stark vor 2 Jahren

    Furchtbar & tragisch wenn eine solche Situation trotz aller Bemühungen eskaliert. Gut wenn das nun aufgearbeitet wird.
    Zugleich stellt sich die Frage wieso es zu einem derart desaströsen Systemversagen kommen konnte. Wo waren die Sozialarbeiter, Therapeuten oder auch Ehrenamtliche die sich dieser jungen Menschen rechtzeitig annehmen, ihnen helfen? Ziemlich billig hier mit dem Finger auf die eh schon völlig unterfinanzierte, überlastete Polizei zu zeigen und „Rassismus“ & „Polizeigewalt“ zu skandieren.

  • Ludwig Fun vor 2 Jahren

    Wie wäre es mal mit einer Demonstration für die vielen Opfer von Messerattacken – Fallingbostel, Wuppertal, Solingen (!) innerhalb von 21 Stunden. Das geht natürlich nicht wegen Beifalls von der falschen Seite – was für eine Heuchelei!

    • Sie können jederzeit eine Demonstration anmelden und durchführen, Herr Fun.

      • Ludwig Fun vor 2 Jahren

        Vielen Dank, liebe Redaktion, für diesen lehrreichen Hinweis! Die Möglichkeit war mir völlig unbekannt. Da sieht man/frau/divers mal wieder, wie wichtig es ist, Nachrichtenseiten zu besuchen, die von Expert****innen für Staatskunde betreut werden. Ich tu auch immer alle Werbebanner anklicken, um Ihnen die verdiente Unterstützung zuteil werden zu lassen.

        • Ach wissen Sie, Herr Fun, als tatsächliche Experten (Ihnen wird entgangen sein, dass wir diesen Gender-Unfug nicht mitmachen) ertragen wir täglich auch Respektlosigkeiten und Häme von anonymen Heckenschützenschreibern wie Ihnen, deren Engagement für die Gesellschaft sich auf Geifern an der Tastatur beschränkt. Und ein bisschen Pressehetze als Beilage zu unentgeltlichem Nachrichtenkonsum kommt immer gut und ist heutzutage en vogue. Schreiber wie Sie sind uns schon ziemlich widerwärtig, das geben wir frei heraus zu, aber wir ertragen Sie und Ihresgleichen, frei nach Voltaire. Schönes Wochenende. Oder – nomen est omen: much fun, Herr Fun.