„Muss das so groß sein?“
Als „Schnellschuss“ kritisiert die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Stadtrat Unna den am Donnerstag vom Rat beschlossenen Planungsstart für zwei Gradierwerke im Königsborner Kurpark (HIER unser ausführlicher Bericht).
Wie am Abend noch kurz aktuell aus der Sitzung berichtet, hat die politische Mehrheit im Stadtrat dem Antrag des Kurparkvereins zugestimmt und damit den beiden geplanten Gradierwerken den Weg geebnet. Sie sollen durch einen Wasserkanal verbunden werden und zum überwiegenden Teil durch Fördergelder finanziert werden.
SPD, CDU, FLU und WfU überstimmten die Grünen und LINKE.plus. Damit scherten Grüne und CDU aus ihrer kürzlich vorgestellten „Projektpartnerschaft“ aus.
Insgesamt setzt der Kurparkverein rund 1,25 Millionen Euro für den Bau der Gradierwerke an. Zusammen mit dem Ja zur Errichtung stimmte der Rat gestern auch dem ebenfalls vom Verein beantragten städtischen Zuschuss zu – 125.000 Euro werden demnach aus der Stadtkasse für die Gradierwerke fließen.
Hier Bilder der Saline des früheren Salzbads Bad Königsborn. Sie hängen im Friedrichsborn. (Foto Redaktion)
Ebenfalls gestern überreichte Bürgermeister Dirk Wigant (CDU) bei einem Pressetermin der Ev. Kirchengemeinde Unna den symbolischen Scheck über 100.000 Euro.
Diese fließen – ebenfalls auf Ratsbeschluss – aus der Haushaltskasse an die Kirchengemeinde. Um damit den Turm der Stadtkirche weiter zu sanieren.
Bei unseren Leserinnen und Lesern in den sozialen Netzwerken sorgten beide Themen für kontroverse Diskussionen.
B90/Die Grünen: Gradierwerke sind ein Schnellschuss
„Die Gradierwerksplanungen in Königsborn sind ein Schnellschuss“, kritisieren die Grünen in einer Pressemitteilung vom Freitag (5. November). „Trotz der vielen offenen Fragen und offensichtlicher juristischer Unklarheiten wurden die vom Förderverein Kurpark Unna-Königsborn e.V. beantragten zwei Gradierwerke in der gestrigen Ratssitzung beschlossen.
Angesichts der vom Kurpark-Verein vorgelegten ungenauen und alten Pläne bleiben viele grundlegende Fragen gänzlich ungeklärt und Umweltaspekte völlig unberücksichtigt.
,Je tiefer wir uns damit auseinandergesetzt hatten, desto mehr Fragen und Problemlagen sind für uns aufgetaucht´“, so Claudia Keuchel, Fraktionsvorsitzende der Grünen, über das eingereichte ,Konzept´. Diese reichen von einem Lageplan, der weder konkrete Abmessungen benennt noch den Standort eindeutig festlegt, sondern großzügig und scheinbar willkürlich Gebäude ohne Maßstäbe platziert, wo heute altehrwürdige Bäume stehen, die Schatten und viel Sauerstoff spenden.
Ungeklärt und ohne Angaben sind die Folgekosten, Haftungsfragen oder der Denkmalschutz bei einem Umbau des Ensembles Friedrichsborn, bis hin zum totalen Ausblenden der sich aufzwängenden Umweltfragen in Königsborns grüner Oase. So stellt dieses riesige Bauvorhaben laut Simone Hackenberg, grünes Ratsmitglied und Vorsitzende des Umweltausschusses, eine weitere Versiegelung des ohnehin schon dicht bebauten Kurparks dar. Genauso unbeantwortet wie die Frage nach Ausgleichsflächen hierfür, ist auch, wie viele Bäume gefällt und wieviel freie Wiesenflächen vernichtet werden und inwieweit gefährdetet Tierarten, die im Park heimisch sind, hiervon betroffen wären. Artenschutz? Fehlanzeige!
„Wollen wir wirklich diesen wertvollen alten Baumbestand verlieren?“
„Grundsätzlich unterstützen wir dieses Vorhaben. Wir erwarten aber vom Verein konkretere Planungen“, merkte Sandro Wiggerich an. Und so fragen die Grünen sich ebenso wie Mitglieder anderer Fraktionen: Warum nehmen wir uns nicht mindestens noch die nächsten vier Wochen Zeit?
„Wir können den Wunsch nach einem Gradierwerk in Erinnerung an das baukulturelle Erbe des ehemaligen Bad Königsborn nachvollziehen“ bekräftigt Claudia Keuchel. „Wir sehen aber in der Fläche direkt neben dem Ensemble Friedrichsborn den besseren Standort. Auch dort wäre Platz für ein gut 25 Meter langes Bauwerk und es ist sogar näher an der Historie und dem
solebringenden Bohrloch. Wir appellieren nachdrücklich an die Verantwortlichen, diese Option zu planen!“
Doch bis zur nächsten Ratssitzung wollte die Mehrheit der Ratsmitglieder aber nicht warten. Trotz der Unstimmigkeiten wurde unter Zeitdruck der Bau eilig beschlossen, aus Angst, die Bewilligung etwaiger Fördergelder mit dem bevorstehenden Landesregierungswechsel versäumen zu können.
Diese Befürchtungen sind aber völlig unnötig, da etwaige Fördergelder vom Land NRW und der NRW Stiftung auch weiterhin fließen würden.
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert weiterhin eine solide Projektplanung vor Beschlussfassung. Unseren Kompromissvorschlag zum Bau eines Gradierwerks am historischen Standort neben dem Friedrichsborn werden wir weiterverfolgen und betonen damit nochmal unsere Bereitschaft, den Impuls aus der Geschichte Königsborns aufzugreifen.
Den Planungen, die zur Zerstörung wertvoller ökologischer Flächen im Kurpark führen, haben wir gestern nicht zugestimmt.“
Freie Liste Unna (FLU): „Bedenkenträgerei“
Für die FLU hatte ihr Fraktionschef Klaus Göldner einige Tage vor der Sitzung formuliert:
„Die Erfüllung dringender öffentlicher Aufgaben bei gleichzeitig knapper werdenden Haushaltsmitteln stellt die Politik zunehmend vor große Herausforderungen. Staat und Kommunen können leider nicht mehr alle notwendigen und wünschenswerten Investitionen in vollem Umfang leisten. Diese Tatsache erfordert kreative Lösungen besonders auch im kommunalen Bereich.
Neben dringend notwendigen privaten Investitionen ist bürgerschaftliches Engagement eine wichtige Voraussetzung dafür, dass es in der Stadt weitergeht. Vor diesem Hintergrund ist Bürgerinnen und Bürgern zu danken, die sich ehrenamtlich Gedanken um die Gestaltung ihrer Stadt machen.
Der Kurparkverein ist ein Beispiel dafür. Er hat sich vor Jahren zum Ziel gesetzt, den Kurpark als wichtiges städtisches Naherholungsgebiet mit Aufenthaltsqualität zu erhalten. Der gegenwärtige Zustand des Parks mag als Beleg dafür gelten, wie wichtig diese Aufgabe war und ist.
Neben einer Vielzahl von Verbesserungsmaßnahmen im Kurpark hatte sich der Verein vor Jahren auch zum Ziel gesetzt, mit der Neuerrichtung eines funktionierenden Gradierwerkes an die Historie von „Bad Königsborn“ anzuknüpfen. Öffentliche Mittel, private Sponsoren und ein ausschließlich für Kurparkbelange festgelegter Geldbetrag, sollten die Finanzierung sichern. Der städtische Beitrag hätte sich auf die Überlassung des erforderlichen Grundstückes beschränkt.“
Zur Vorberichterstattung HIER.
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