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800.000 € für Corona-Impfschaden: Kläger aus Hamm unterliegt am BGH

800.000 € für Corona-Impfschaden: Kläger aus Hamm unterliegt am BGH

Wer haftet bei Impfschäden? Laut Bundesgerichtshof nicht die Ärztinnen und Ärzte, sondern der Staat.

Die Entscheidung ist eine grundsätzliche, der Kläger aus Hamm geht erst einmal leer aus.

Das hat heute (9. 10.) der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe entschieden.

Die Verantwortung für Aufklärungs- oder Behandlungsfehler treffe grundsätzlich den Staat, urteilte der dritte Zivilsenat in Karlsruhe. Entsprechende Klagen müssten sich demnach gegen Bund oder Länder richten.

Im konkreten Fall hatte ein Mann aus Hamm  seine Ärztin verklagt. Nach einer Impfung gegen das Coronavirus Ende 2021 war bei ihm eine Herzerkrankung diagnostiziert worden.

Ers behauptete, die Impfung sei fehlerhaft verabreicht und er nicht ausreichend aufgeklärt worden. Durch die Folgen könne er nicht mehr seiner Arbeit nachgehen und sei auch psychisch stark beeinträchtigt.

Vor Gericht forderte er unter anderem Schmerzensgeld von mindestens 800.000 Euro.

Urteil vom 9. Oktober 2025 – III ZR 180/24

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat sich heute in einer Entscheidung mit der Frage befasst, wer für etwaige Aufklärungs- oder Behandlungsfehler bei einer bis zum 7. April 2023 vorgenommenen Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 haftet, die in einer Vertragsarztpraxis vorgenommen wurde.

Sachverhalt:

Der Kläger nimmt die beklagte Ärztin für Allgemeinmedizin aufgrund einer seines Erachtens fehlerhaften Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 auf Schadensersatz in Anspruch. Nach zwei vorangegangenen Schutzimpfungen im Mai und Juli 2021 erhielt er am 15. Dezember 2021 in der Praxis der Beklagten eine sogenannte Booster-Impfung.

Etwa drei Wochen später wurde bei ihm eine Herzerkrankung diagnostiziert.

Der Kläger nimmt die beklagte Ärztin für Allgemeinmedizin aufgrund einer seines Erachtens fehlerhaften Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 auf Schadensersatz in Anspruch.

Der Kläger hat geltend gemacht, bei seiner Erkrankung handele es sich um einen Impfschaden. Die dritte Impfung sei fehlerhaft verabreicht und er zuvor nicht hinreichend aufgeklärt worden. In Folge der Impfung seien seine kognitiven Fähigkeiten erheblich eingeschränkt.

Er könne seine berufliche Tätigkeit nicht mehr ausüben. Zudem sei er aufgrund der organischen Beschwerden in der Psyche stark beeinträchtigt.

Der Kläger begehrt die Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von mindestens 800.000 €, die Feststellung der Einstandspflicht der Beklagten für materielle und nicht vorhersehbare immaterielle Schäden sowie die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.

Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision hat der Kläger sein Klagebegehren weiterverfolgt.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der unter anderem für das Amtshaftungsrecht zuständige III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die Revision zurückgewiesen.

Bis zum 7. April 2023 handelten die in der jeweiligen Fassung der Verordnung zum Anspruch auf Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 (Coronavirus-Impfverordnung – CoronaImpfV) bestimmten Leistungserbringer bei der Vornahme einer Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 in Ausübung eines ihnen anvertrauten öffentlichen Amtes.

Dies gilt auch für die Beklagte und die Schutzimpfung des Klägers. Das Berufungsgericht hat daher eine persönliche Haftung der Beklagten für etwaige Impfschäden des Klägers zu Recht verneint. Es kommt gemäß Art. 34 Satz 1 GG nur eine Amtshaftung des Staates in Betracht.

Die Tätigkeit einer Privatperson ist als hoheitlich zu beurteilen, wenn ein innerer Zusammenhang und eine engere Beziehung zwischen der Betätigung und der hoheitlichen Aufgabe besteht. Dabei muss die öffentliche Hand in so weitgehendem Maße auf die Durchführung der Arbeiten Einfluss nehmen, dass der Private gleichsam als bloßes „Werkzeug“ oder „Erfüllungsgehilfe“ des Hoheitsträgers handelt und dieser die Tätigkeit des Privaten deshalb wie eine eigene gegen sich gelten lassen muss.

Die jeweiligen Leistungserbringer erledigten mit der Durchführung von Schutzimpfungen hiernach eine hoheitliche Aufgabe. Sie erfüllten den eigens durch das Bundesministerium für Gesundheit als Verordnungsgeber geschaffenen Anspruch gegen den Staat auf Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2.

Dessen hoheitlicher Charakter stand bei der Impftätigkeit im Vordergrund. Die Schutzimpfungen waren ein zentrales Mittel zur Bewältigung der Corona-Pandemie. Der darauf gerichtete Anspruch war ein wesentlicher Bestandteil der staatlichen „Corona-Impfkampagne“, in die die Leistungserbringer ausdrücklich eingebunden wurden.

Die Erfüllung des staatlichen Impfanspruchs diente nicht nur dem individuellen Gesundheitsschutz, sondern auch der Aufrechterhaltung zentraler staatlicher Funktionen und zentraler Bereiche der Daseinsfürsorge.

Darüber hinaus wies dieser Impfanspruch jedenfalls zeitweise einen engen Bezug zur Eingriffsverwaltung auf. Es bestand zwar keine Impfpflicht.

Die Ablehnung einer Schutzimpfung konnte jedoch nachteilige Folgen haben, wie etwa zum Zeitpunkt der Impfung des Klägers am 15. Dezember 2021 in Form von bußgeldbewehrten Zugangs- und Kontaktbeschränkungen, dem bußgeldbewehrten Erfordernis eines Testnachweises für das Betreten der Arbeitsstätte oder der Verhängung eines Betretungs- oder Tätigkeitsverbots für in bestimmten Einrichtungen und Unternehmen tätige Personen.

Schließlich stand den privaten Leistungserbringern nur ein stark eingeschränkter Entscheidungsspielraum zu, wie der Anspruch auf Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 zu erfüllen war.

Ihnen wurde durch den Verordnungsgeber vorgegeben, auf welche Weise die Schutzimpfung und die begleitenden Leistungen vorzunehmen waren.

Demzufolge sind die Schutzimpfungen, die auf der Grundlage der Coronavirus-Impfverordnung erfolgten, als noch dem Bereich hoheitlicher Betätigung angehörend anzusehen und alle privaten Leistungserbringer – wie die Beklagte – als Verwaltungshelfer einzuordnen. Die Verantwortlichkeit für etwaige Aufklärungs- und Behandlungsfehler dieser Verwaltungshelfer trifft deshalb grundsätzlich den Staat.

Vorinstanzen:

Landgericht Dortmund – Urteil vom 27. Juli 2023 – 4 O 163/22

Oberlandesgericht Hamm – Urteil vom 19. Juni 2024 – I-3 U 119/23

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