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Aktionsbündnis „Praxenkollaps“ warnt: Am 12. 11. ist das Honorar für ambulante Versorgung für 2024 aufgebraucht

Aktionsbündnis „Praxenkollaps“ warnt: Am 12. 11. ist das Honorar für ambulante Versorgung für 2024 aufgebraucht

(Fotoquelle Pixabay.com)

Als Kassenpatient monatelang auf einen Arzttermin warten? Das hat Gründe, kritisiert ein Zusammenschluss von Ärzten in NRW.

„Am 12. November ist das Honorar für die ambulante Versorgung für dieses Jahr in Nordrhein aufgebraucht“, schreibt das Aktionsbündnis Praxenkollaps Nordrhein.

„Mehrere Millionen erbrachte Leistungen blieben unbezahlt – trotz gegenteiliger politischer Ankündigungen.“

Seit vier Jahren stehe im Koalitionsvertrag, dass die Budgetierung beendet werden soll, schreibt das Aktionsbündnis in einer Mitteilung von Donnerstag.

Gleichzeitig seien die Lebenshaltungskosten in den vergangenen Jahren erheblich gestiegen. Eine Fortführung der Praxistätigkeiten ohne eine Bezahlung aller erbrachten Leistungen sei betriebswirtschaftlich nicht mehr möglich.

„Die Politik hat die Rahmenbedingungen für die ambulante medizinische Versorgung in solch einer dramatischen Weise verschlechtert, dass die Praxen immer größere Probleme haben, ihren engagierten und qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern angemessene und wertschätzende Arbeitsbedingungen zu ermöglichen“, schreibt das Bündnis.

Dies sei in Form von Personalabwanderung, Praxisaufgaben und Terminnot zunehmend zu spüren.

www.aend.de/article/231468
Das Aktionsbündnis besteht aus 24 ärztlichen und psychotherapeutischen Berufsverbänden und Versorgergruppen aus Nordrhein und hat sich aus der Vertreterversammlung der KV Nordrhein heraus gegründet.

Die Arzthonorare der GKV

Die Arzthonorare der gesetzlichen Krankenkassen werden pro Bundesland von den kassenärztlichen Vereinigungen definiert. Dies führt zu regionalen Honorarunterschieden, oftmals mit einer großen Intransparenz verbunden. Die Begründung liegt darin, dass ein Arzt in Bayern anders bezahlt wird als in Brandenburg. Genauso verdienen in ein und demselben Bundesland beispielsweise Internisten, Chirurgen und Radiologen unterschiedliche Beträge pro Patienten, auch bei Durchführung gleicher Untersuchungen.

Laut Jörg Weidenhammer, Geschäftsführer des Instituts für Gesundheits-System-Forschung (igsf), sind „Honorare hauptsächlich Ausdruck der Macht der jeweiligen Facharztgruppe in der Kassenärztlichen Vereinigung“. Die Komplexität des Systems führt dazu, dass auch die Hausarzt Vergütung in diesem Artikel nur grob abgeschätzt werden kann.

Vergütung Hausarzt – Besuchspauschale pro Patient

Über die gesetzliche Krankenversicherung funktioniert die Bezahlung des Hausarztes zunächst über sogenannte Besuchspauschalen. Die Krankenkassen errechnen dazu Kopfpauschalen, welche pro Bundesland und pro Facharztrichtung wie beschrieben unterschiedlich sind.

Diesen Betrag zahlen sie für die Behandlungen pro Versicherungsnehmer. Der Hausarzt erhält pro Patienten und Quartal einen Pauschalbetrag, unabhängig vom Umfang der Behandlung und von der Anzahl der Patientenbesuche. Es ist also zunächst unerheblich, ob der Patient nur einmal oder zehn Mal kommt oder wie aufwändig und kostenintensiv die Untersuchungen oder Behandlungen sind. Für das laufende Quartal wird die Pauschale nur einmal ausbezahlt. Die Pauschale ist vom Alter des Patienten abhängig:

Vergütung Hausarzt nach Besuchspauschalen (GKV)

  • bis zum vollendeten 4. Lebensjahr: 24,00 Euro
  • bis 19. Lebensjahr: 15,50 Euro
  • bis 55. Lebensjahr: 15,80 Euro
  • bis 75. Lebensjahr: 24,10 Euro
  • ab 76. Lebensjahr: 30,70 EUR

Die genaue Höhe des Honorars ist letztendlich von den erbrachten Leistungen des Hausarztes und der Anzahl seiner Patienten abhängig.

Gesprächspauschale – eine zusätzliche Pauschale für Hausärzte

Die Gesprächspauschale ist eine Sonderpauschale für niedergelassene Hausärzte. Sie deckt sogenannte problemorientierte Gespräche im Zusammenhang mit lebensverändernden Erkrankungen ab. Pro 10 Minuten erhält der Hausarzt für diese Gespräche eine Pauschale in der Höhe von 9,89 Euro. Sie ist pro Quartal jedoch auf 50 Prozent der behandelten Patienten begrenzt.

Chronikerpauschale und Demenzpauschale

Neben der Besuchspauschale gibt es noch zusätzliche Pauschalen, die dem niedergelassenen Hausarzt ausgezahlt werden können. Dazu zählt beispielsweise die Chronikerpauschale. Sie gilt für chronisch kranke Patienten und soll den erhöhten Mehraufwand abdecken. Um die Chronikerpauschale zu bekommen, muss die chronische Krankheit des Patienten dokumentiert werden. Zudem ist es eine Voraussetzung, dass er regelmäßig medizinisch behandelt wurde. Für den ersten Besuch des chronisch kranken Patienten erhält der Hausarzt zusätzlich zur Besuchspauschale pro Quartal einmal 14,28 Euro. Für den zweiten Besuch wird pro Quartal zusätzlich eine weitere Pauschale von 4,39 Euro bezahlt. Für weitere Besuche im gleichen Quartal erhält der Hausarzt kein Geld mehr. Es kommt jedoch nicht selten vor, dass chronisch kranke Patienten ihren Hausarzt jede Woche einmal oder sogar noch häufiger aufsuchen.

Für die Betreuung von Demenz-Patienten gibt es eine weitere Sonderpauschale, die pro Quartal bei 16,94 Euro liegt. Für die Betreuung von Palliativpatienten (unheilbar Kranke) erhalten Hausärzte pro Konsultation in der eigenen Praxis eine Sonderpauschale in der Höhe von 17,47 Euro und für die Konsultation im Haus- oder Heimbesuch 13,62 Euro. In der Betreuung von Palliativpatienten besteht das Ziel nicht darin, dass dem Leben mehr Tage gegeben werden. Es geht in erster Linie darum, den Tagen des Patienten mehr Leben zu geben.

Weitere Einzelleistungen, für die der Hausarzt ein Honorar erhält
Außerhalb der übrigen Pauschalen kann der Hausarzt noch verschiedene Einzelleistungen abrechnen:

  • Wundnaht oder kleiner operativer Eingriff: 14,17 Euro
  • Lungenfunktionsprüfung: 29,34 Euro
  • Schilddrüsenultraschall: 9,34 Euro
  • Ultraschall Bauch: 17,25 Euro
  • einzelne Impfung, beispielsweise Grippe: 7,60 Euro
  • Kombinationsimpfung: 15,60Euro
  • Demenztest bei über 70 Jährigen: 13,40Euro
  • Belastungs-EKG: 21,97 Euro
  • Hausbesuch: 23,29 Euro
  • Vorsorgeuntersuchung alle 2 Jahre: 35,16 Euro

Hausarzt Honorar – Gesamtvergütung pro Patient

Die Vergütung eines niedergelassenen Hausarztes setzt neben den hier nicht im Detail behandelten Vergütungen durch Privatversicherte vorwiegend aus den jeweiligen Zahlungen der gesetzlichen Kassen zusammen. Laut KBV Honorarbericht verdienten Allgemeinmediziner und Internisten pro Behandlungsfall (also Patient pro Quartal) zwischen 55,51 Euro (Hamburg) und 70,46 Euro (Thüringen). Die gesamten Honorarumsätze pro Quartal betragen zwischen 45.213 Euro (Hamburg) und 70.457 Euro (Sachsen-Anhalt).

Wichtig: die Vergütung stellt nicht das Gehalt, sondern den Umsatz des Hausarztes dar. Davon müssen noch Kosten für Praxismiete, Nebenkosten, Personal und Ausstattung der Praxis finanziert werden.

Mehr unter:

Vergleich Gehalt Facharzt pro Fachrichtung – wie viel verdient ein Arzt mit eigener Praxis?

Arzt Gehalt in der Klinik

Quellen

kbv.de (Honorarbericht der kassenärztlichen Vereinigungen)

zengamed.de

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