Bereits seit Sommer 2022 pendeln auf der Bahnstrecke RB 54 zwischen Unna und Fröndenberg Busse statt Bahnen. Die Ursache sind mehrere Dutzend Dachsbauten an der Strecke.
Vor 6 Wochen bekam das Rathaus Fröndenberg wie berichtet eine weitere Hiobsbotschaft. Demnach rechnet die Bahn damit, dass die Strecke noch jahrelang mit Schienenersatzverkehr bedient werden muss, da allein das Planungs- und Genehmigungsverfahren für die Sanierung der Bahnlinie mehrere Jahre dauern werde.
Für die Fröndenberger Stadtverwaltung ist dies inakzeptabel.
Bürgermeisterin Sabina Müller (SPD) teilte das am 10. 11. wie berichtet in aller Deutlichkeit DB-Verantwortlichen mit. In ihrem Schreiben an die Bahn fordert die Bürgermeisterin eine unverzügliche Priorisierung der Instandsetzung der Bahnstrecke.
Fachleute hatten entlang der Bahnlinie RB 54 fast 40 Dachseingänge entdeckt. Es sei ein knapp 300 Meter langes weit verzweigtes Tunnelsystem entstanden, etwa 5 Meter unterhalb der Gleise. Aufgrund dieser Hohlräume sei die Stabilität der Schienen nicht gewährleistet, so die Bahn.
Daher müsse nun erst ein Teil des Bahndamms gerodet werden, dann werde das Gelände mit Netzen gegen Dachse gesichert. Die Strecke ist inzwischen schon malerisch zugewuchert.
Die Kosten für die Sanierung veranschlagt die DB mit rund 6 Millionen Euro, exakt die Summe, für die vor vielen Jahren der Fröndenberger Bahnhof erneuert wurde.
Bürgermeisterin Müller: Busfahrt 7 Minuten länger – das geht, kann aber keine Dauerlösung sein
In einem gemeinsamen virtuellen Termin mit Werner J. Lübberink, Konzernbevollmächtigter des Landes NRW der Deutschen Bahn AG, Tobias Hauschild, Leiter Betrieb Netz Hagen der DB Netz AG, sowie Oliver Kaczmarek MdB, der den Kontakt hergestellt hatte, informierte sich Bürgermeisterin Sabina Müller über den aktuellen Stand. Dabei schilderten die Experten
der DB im Detail, wo die Probleme bei der Sanierung dieses Streckenabschnitts liegen.
So erschwert z. B. der Verlauf der Strecke durch ein Vogel-, Landschafts- und Naturschutzgebiet die Planung, Genehmigung und Sanierung.
Es seien umfangreiche Vor- und Genehmigungsplanungen notwendig. Zudem werde geprüft, ob die Trassierung geändert, ggfls. Brücken ersetzt werden müssen, so dass ein
Planfeststellungsverfahren erforderlich sein wird.
Müller betonte die Bedeutung dieser Bahnverbindung und setzte sich dafür ein, dass sie sobald wie möglich wieder in Betrieb geht.
„Einerseits ist sie die zentrale Verbindung für Fröndenberger in die Kreisstadt Unna. Schüler pendeln zu berufsbildenden oder weiterführenden Schulen nach Unna, ebenso benötigen Berufspendler und alle, die einen Behördengang zum Kreis Unna machen, eine gute Verbindung. Andererseits nutzen nicht nur im Winter viele Fahrgäste diese touristische Anbindung ins Sauerland. Die gastronomischen Betriebe, aber auch Hotellerie und Anbieter von touristischen Angeboten verlassen sich auf die schnelle und fahrgastfreundliche Verbindung in diese beliebte Naherholungsregion.“
Es sei zwar gut, dass die DB einen Schienenersatzverkehr mit Bussen beauftragt habe.
„Dieser benötigt 23 Minuten, 7 Minuten länger als die Züge. Allerdings kann das im Hinblick auf die Verkehrswende und die Steigerung der Attraktivität des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) keinesfalls eine Dauerlösung sein.“
In diesem Termin bestand Einigkeit darin, dass die Bahnverbindung so kurz, wie es bei dem Umfang der Maßnahmen möglich ist, gesperrt wird und die DB alles dafür tut, um das Verfahren voran zu treiben. Außerdem verabredeten sich die Beteiligten, sich in Zukunft kontinuierlich bei einem Jour fixe auf dem
Laufenden zu halten.
Stellungnahme des Naturschutzbundes NABU: „Wie ein Loriot-Sketch“
Der NABU-Kreisverband hält die offenbar langfristig dauernde Sperrung der Strecke Unna-Fröndenberg wegen Schäden, die der Dachs verursacht haben soll, für wenig stichhaltig und vorgeschoben.
„Das hört sich an wie ein Loriot-Sketch“, so Adrian Mork, Vorsitzender des NABU im Kreis Unna und erinnert daran, dass die Bahn vor geraumer Zeit Probleme mit der Pünktlichkeit ihrer Züge hatte, wegen Laubfall im Herbst.
Adrian Mork: “Seit die Eisenbahn Schienen auf Bahndämmen verlegt, gibt es Pflanzen und Tiere, die diese Lebensräume zu besiedeln versuchen! Das ist nichts Neues!” Ein regelmäßiger Unterhalt der Bahndämme sei auch nichts Neues.“
Aber offensichtlich ist die Baukörperkontrolle seit einigen Jahren nicht oder nur oberflächlich erfolgt. Und jetzt soll der Dachs schuld sein?”, wundert sich der NABU-Kreisvorsitzende.
Die Naturschützer vom NABU gehen davon aus, dass die Dachsbauten über viele Jahrzehnte entstanden sind, und weisen darauf hin, dass diese Baue meist seit Generationen genutzt werden. Viele der nunmehr festgestellten Eingänge könnten zudem von Bauen stammen, die gar nicht mehr bewohnt seien.
“Über diese Dachsbaue sind über viele Jahre Züge hinweg gefahren, ohne dass es ein Problem gegeben hat. Sollte jetzt an einer Stelle ein Schaden aufgetreten sein, der eine Reparatur notwendig macht, sollte dies auch umgehend an genau dieser Stelle passieren, ohne gleich die gesamte Strecke zu sperren,” so Adrian Mork in einer Presseerklärung.
Dachse leben überall, sind in ganz Europa verbreitet. Wenn nur das Vorhandensein von Dachsbauten zur Sperrung einer wichtigen Bahnstrecke führe, müssten vermutlich etliche weitere Bahnstrecken in Deutschland gesperrt werden.
Es sei nicht hinnehmbar, dass der Zweckverband Nahverkehr Westfalen Lippe (NWL) viel Geld in den Ausbau des Bahnhof Frömern investiert habe, nun aber von Seiten der Bahn die Strecke über Jahre außer Betrieb genommen werden soll. Dies sei ein klarer Verstoß gegen die verkündete Verkehrswende und die Ankündigungen, die Bahn wieder flott zu machen.
Der NABU fordert daher die Bahn auf, sich nicht länger hinter dem Dachs zu verstecken, sondern ihrer Streckenunterhaltung im gebührenden Umfang schnell nachzukommen und die Bahnstrecke Unna-Fröndenberg umgehend wieder zu öffnen.
Info: Der NABU-Kreisverband Unna ist mit rund 1.200 Mitgliedern der größte Naturschutzverband im Kreis Unna. Der NABU nimmt als anerkannter Naturschutzverband Stellung zu naturschutzrelevanten Planungen. Seine Mitglieder leisten in den Kommunen des Kreises wichtige praktischen Naturschutz- und Öffentlichkeitsarbeit.
PM NABU Kreis Unna
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