Die Energiekrise sorgt für das Comeback der Steinkohle. Die STEAG GmbH wird in den kommenden Wochen vier Steinkohlekraftwerke zurück an den Markt bringen. Auch das Kraftwerk in Bergkamen-Heil zählt dazu. Insgesamt bringt STEAG 2,5 Gigawatt zusätzliche Kraftwerksleistung an den Markt.
Wie bereits berichtet, setzt NRW (doch) weiter auf Kohle. Alte Kohle-Meiler sollen wegen des Kriegs in der Ukraine weiter bereitstehen. Kohlekraftwerke, die abgeschaltet wurden oder bald stillgelegt werden sollen (wie etwa das in Bergkamen-Heil), sollen in die Kraftwerksreserve aufgenommen werden.
Das erklärte Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) noch vor der Landtagswahl Mitte April. Im Sinne der Versorgungssicherheit werde diese Flexibilität gebraucht.
Der damalige Energieminister Andreas Pinkwart (FDP) bedauerte vor der Presse, dass nicht auch Atomkraftwerke länger in Betrieb bleiben könnten. Angesichts der Klimaschutzziele solle daran festgehalten werden, dass man „idealerweise“ bereits 2030 aus der Kohle aussteigt.
Das Steinkohlekraftwerk in Heil sollte im Herbst dieses Jahres eigentlich aufgrund des Kohleausstiegsgesetzes regulär vom Netz gehen.
Es bleibt nun weiter am Markt. So soll in der aktuellen Energiekrise Gas eingespart werden.
Bergkamen produziert mit den weiteren Steinkohlekraftwerken Bexbach, Weiher und Völklingen-Fenne im Saarland insgesamt 2.500 Megawatt Strom. Damit können sie rechnerisch etwa ein Drittel des Stromes ersetzen, der vergangenes Jahr in Gaskraftwerken erzeugt wurde, so STEAG – 4 Prozent des Stromes in Deutschland.
Schon vor dem Krieg in der Ukraine waren die Gaspreise global hoch, wenig Gas war verfügbar. Daher stellten sich viele Kraftwerksbetreiber in Europa darauf ein, den Engpass durch Kohle auszugleichen. Doch genau zu diesem Zeitpunkt stieg auch der Preis für Steinkohle rapide an.
Pressemitteilung der STEAG vom 21. 10. 22:
STEAG bringt 2,5 Gigawatt zusätzliche Kraftwerksleistung zurück an den Markt
„Wir können als Unternehmen in der aktuellen Krise einen wesentlichen Beitrag zur Einsparung von Erdgas und damit zur Vermeidung einer echten Erdgasmangellage leisten“,
unterstreicht Dr. Andreas Reichel, Vorsitzender der Geschäftsführung der STEAG GmbH. Insgesamt verfügen die jetzt an den Markt zurückkehrenden STEAG-Kraftwerke im Saarland und im Ruhrgebiet, für die die Ausnahmeregelungen des EKBG gelten, über eine gemeinsame Netto-Nennleistung von knapp 2.500 Megawatt.
„Unsere Kraftwerke können rechnerisch etwa ein Drittel des 2021 in Gaskraftwerken erzeugten Stroms ersetzen“, ergänzt Dr. Ralf Schiele, Geschäftsführer Markt und Technik der STEAG GmbH. Das entspreche nicht ganz vier Prozent der 2021 in Deutschland insgesamt erzeugten Strommenge.
Kraftwerk Bexbach kehrt als erstes an den Markt zurück
Als erster der vier Standorte wird am 28. Oktober das saarländische Kraftwerk Bexbach an den Markt zurückkehren und damit die ihm in der aktuellen Versorgungskrise zugedachte Aufgabe erfüllen: Erdgas bei der Stromversorgung einzusparen. Das Schwesterkraftwerk Weiher, gelegen in der saarländischen Gemeinde Quierschied, wird zum 31. Oktober folgen; die beiden ursprünglich zur Stilllegung vorgesehenen Kraftwerke in Bergkamen und Völklingen-Fenne bleiben über den 30. Oktober hinaus am Markt. Voraussichtlich werden alle vier Kraftwerke im Rahmen des Ersatzkraftwerkebereithaltungsgesetzes (EKBG) bis Frühjahr 2024 im Marktbetrieb verbleiben.
Dass dies möglich ist, ist vor allem den intensiven Bemühungen zur Sicherstellung einer hinreichenden Brennstoffversorgung zu danken. „Die zurückliegenden Wochen waren für unsere Beschäftigten anstrengend und herausfordernd“, bilanziert Andreas Reichel. Gemeinsam mit Logistikdienstleistern und der Bundesregierung habe man Lösungen zur Überwindung der bestehenden Transportengpässe auf der Schiene gefunden. „Im Ergebnis“, so Andreas Reichel, „sind wir sehr erleichtert, dass die Bundesregierung hier buchstäblich die richtigen Weichen gestellt hat.“
Dauerhafter Kraftwerksbetrieb möglich
Die Regelung sieht vor, Brennstofftransporten auf der Schiene immer dann Vorrang gegenüber anderen Schienenverkehren zu gewähren, wenn ansonsten der dauerhafte Betrieb eines Kraftwerks nicht mehr gewährleistet werden kann. Seit Anfang Oktober kann STEAG die für eine Marktrückkehr benötigten, im Vergleich zum Reservebetrieb wesentlich höheren Brennstoffvorräte anlegen.
Ursprünglich war dafür im Ersatzkraftwerkebereithaltungsgesetz (EKBG) sogar eine Menge vorgeschrieben, die ausreichen würde, um die Anlagen insgesamt 30 Tage unter Volllast zu betreiben. Diese nach Ansicht von Kraftwerksbetreibern praxisferne Mindestbevorratungspflicht hat die Bundesregierung inzwischen deutlich gelockert. Denn nach der Verabschiedung des EKBG im Juli waren erst zwei Steinkohlekraftwerke an den Markt zurückgekehrt.
Logistik gesichert
„Ohne die bedarfsabhängige Vorrangregelung für Steinkohletransporte gegenüber anderen Schienenverkehren wäre die frühere Rückkehr des Kraftwerks Bexbach an den Markt kaum möglich gewesen“, fasst Ralf Schiele die schwierige logistische Ausgangslage für die Kraftwerke zusammen.
Tatsächlich war das Transportsystem Schiene nach der im Jahr 2020 gesetzlich verankerten Beendigung der Kohleverstromung in Deutschland auf ein Wiederhochfahren der Steinkohlekraftwerke nicht vorbereitet. „Transportunternehmen und Eisenbahnunternehmen hatten ihre Kapazitäten an Loks, Lägern und Waggons der neuen Marktlage angepasst. Auch an Lokführern besteht infolgedessen derzeit ein Mangel. Entsprechend anspruchsvoll war und ist die Aufgabe, in der aktuellen Energiekrise eine verlässliche Brennstoffversorgung für die zur Gewährleistung von Versorgungssicherheit dringend benötigten Steinkohlekraftwerke zu organisieren“, erklärt Dr. Stephan Riezler, der die Handelsabteilung von STEAG leitet und in dieser Funktion für das Brennstoffmanagement verantwortlich ist.
Pegelstände und Schiffslogistik
Erschwerend kam hinzu, dass etwa mit Blick auf den Kraftwerksstandort Bergkamen, der per Schiff beliefert wird, die niedrigen Pegelstände der Flüsse bis in den Herbst hinein ebenfalls für eine angespannte Versorgungslage gesorgt haben. „Auch bei der Binnenschifffahrt stand nach dem Entscheid zum Kohleausstieg zuletzt weniger Transportkapazität zur Verfügung. Dankenswerterweise hat sich hier die Lage aber auch wegen der zuletzt wieder steigenden Flusspegel entsprechend entspannt“, so Stephan Riezler. Die Versorgung der Schiff belieferten Kraftwerksstandorte von STEAG sei insofern gesichert.
Vielfältige Herausforderungen
Die Sicherstellung einer verlässlichen Transportlogistik von den Überseehäfen Rotterdam und Amsterdam zu den Kraftwerksstandorten im Saarland war allerdings nur eine von gleich mehreren Herausforderungen, die STEAG vor einem weiteren Marktbetrieb der Kraftwerke in den zurückliegenden Wochen zu meistern hatte.
So mussten insbesondere die Kraftwerke Bergkamen und Völklingen-Fenne im Saarland einerseits technisch überholt werden. Andererseits galt es sicherzustellen, dass auch über das designierte Stilllegungsdatum hinaus an diesen Standorten genügend Personal zur Verfügung steht, um die Kraftwerke wie benötigt betreiben zu können. „Es wurden Ruhestände verschoben, wir haben Kollegen, die sich beruflich umorientiert hatten, zum Bleiben bewegen können und wir haben – soweit am Arbeitsmarkt verfügbar – neues Personal eingestellt“, so Andreas Reichel, der bei STEAG auch die Funktion des Arbeitsdirektors innehat.
Ein-von-zwei-Block-Betrieb in Völklingen-Fenne
Dank dieser Maßnahmen konnte der Weiterbetrieb der Kraftwerke Bergkamen und Völklingen-Fenne auch personell gesichert werden. Allerdings lässt der Personalstand am Standort Völklingen-Fenne ab November 2022 keinen Doppelblockbetrieb zu. „Daher wird am Standort Völklingen-Fenne jeweils nur einer der beiden Blöcke am Netz sein“, so Ralf Schiele.
Stolz auf das Erreichte
Dass die Marktrückkehr von Bexbach und Weiher sowie der Marktverbleib von Bergkamen und Völklingen-Fenne trotz aller organisatorischen Widrigkeiten nun pünktlich zum Beginn der Heizperiode gelingt, ist das Ergebnis einer geschlossenen Mannschaftsleistung der STEAG-Belegschaft. „Auf diesen Erfolg“, ergänzt Andreas Reichel, „sind STEAG und ihre Beschäftigten zurecht stolz.“
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