Im Sommer vorigen Jahres hätte es bei illegalen Autorennen in unserer Region Tote geben können.
So etwa eine 16-jährige Schülerin, die während einer rasenden Autofahrt auf der A46 bei Iserlohn bei sehr hoher Aufprallgeschwindigkeit vom Rücksitz eines Golf GTI auf die Fahrbahn geschleudert wurde. Drei weitere Insassen erlitten schwerste Verletzungen, die Komazustände und lange Aufenthalte in Reha-Kliniken nach sich zogen.
Auf der Steinstraße in Dortmund erfasste ein Audifahrer mit mehr als 100 km/h den Seat einer unbeteiligten 36-jährigen Frau. Sie erlitt dabei Rippenbrüche und einen Riss in der Lunge.
Polizei und Stadt Dortmund setzen eine im Oktober 2021 gestartete Kampagne gegen das Rasen fort. Sie schreibt dazu deutlich:
„Im Fokus von drei neuen Plakaten auf der B1 stehen potentielle Verbrecher. Rasende Verbrecher, die bei einem verbotenen Rennen ihre Insassen und unbeteiligte Verkehrsteilnehmer töten oder mit lebenslang anhaltenden Folgen schwer verletzen können. Die Kampagne soll Teilnehmer dieser gefährlichen Rennen wachrütteln.“
Die drei Motive erzählen hintereinander aufgestellt eine auf der B1 im Vorbeifahren nachvollziehbare Geschichte und zeigen
1. ein Rennen ("Du rast") 2. einen schwer beschädigten Golf GTI ("Einer stirbt") und 3. einen Haftraum der Justizvollzugsanstalt Dortmund ("Hier wohnst Du dann").
Die großflächigen Plakate führen Teilnehmern verbotener Rennen die Konsequenzen ihres verantwortungslosen und kriminellen Handelns vor Augen.
Polizeipräsident Gregor Lange: „Die Teilnehmer entscheiden sich bewusst für ein Rennen. Bereits das ist eine Straftat. Verletzt oder tötet ein Raser einen Menschen, reden wir nicht von einem unvorhersehbaren Unglück oder einem Unfall, der jedem passieren kann – wir reden von einem Verbrechen mit weitreichenden und den Tätern auch bekannten Folgen für die Opfer. Wer so den Kick sucht, riskiert Menschenleben. Diesen Irrsinn müssen wir stoppen.“
2021 ermittelten Polizei und Staatsanwaltschaft nach 120 verbotenen Rennen mit 14 Verletzten (2018: 62 Rennen, 13 Verletzte) mit bis zu 200 km/h in Dortmund und auf den Autobahnen im Regierungsbezirk Arnsberg gegen meist männliche Tatverdächtige im Alter von 18 bis 35 Jahren, die bei den waghalsigen Rennen offenkundig keinen Respekt vor dem Leben zeigen.
Sie wohnen überwiegend in Dortmund, Iserlohn, Lünen, Hamm, Bochum, Hagen, Waltrop, Schwerte, Rheda, Köln und anderen NRW-Städten. In den meisten Fällen fuhren sie PS-starke Pkw wie Mercedes, BMW, Audi, VW und Porsche.
Staatsanwalt Osthoff vom Sonderdezernat für die Verfolgung verbotene Kraftfahrzeugrennen:
„Der im Jahre 2017 in Kraft getretene § 315 d StGB sanktioniert verbotene Kraftfahrzeugrennen in erheblichem Maße. Die Beschuldigten müssen mit empfindlichen Strafen und teilweise jahrelangem Entzug der Fahrerlaubnis rechnen. In gravierenden Fällen können auch die bei einem verbotenen Rennen verwendeten Kraftfahrzeuge eingezogen werden.“
Nach Anklagen mussten die Täter im vergangenen Jahr hohe Geldstrafen zahlen (bis zu 10.500 Euro) und bis zu 30 Monate ihre Führerscheine abgeben.
Die inzwischen gesammelten Erkenntnisse der Polizei über das Verhalten der Täter:
Sie machen sich mit sehr selbstbewusstem Auftreten einen Spaß aus ihrem riskanten Verhalten und halten sich bisweilen für unsterblich, sind sich keiner Schuld bewusst. Während der Kontrollen treten die Täter auch respektlos und aggressiv auf.
Dortmunds Oberbürgermeister Thomas Westphal über das gefährliche Verhalten der Raser:
„Wir lassen in unserem gemeinsamen Engagement gegen die Raserszene in Dortmund nicht locker. Personen, die ohne Skrupel das Leben anderer Menschen und ihr eigenes gefährden, sind in Dortmund fehl am Platz.
Dieses unverantwortliche Verhalten bringt unvorstellbares Leid über die betroffenen Familien und Freunde der Opfer. Das macht der zweite Teil dieser gemeinsamen Plakat-Aktion deutlich. Dortmund soll für alle Menschen ein sicherer Ort sein.“
Die Polizei und das Ordnungsamt der Stadt bauen seit 2018 in gemeinsamen Einsätzen mit einer Null-Toleranz-Strategie vor allem auf dem Wall und den Zufahrtsstraßen einen hohen Kontrolldruck auf, der nach Verstößen immer wieder zur Sicherstellung von Fahrzeugen, Führerscheinen und Mobiltelefonen führt.
Daraus können auch Medizinisch-Psychologische Untersuchungen (MPU) resultieren.
Einsätze, strategische Fahndungen sowie stationäre und mobile Tempokontrollen sollen die Straßen unattraktiv und vor allem sicher machen. Ermittlungen gegen Tatverdächtige führt die Polizei gebündelt in der Schwerpunkt-Sachbearbeitung eines Verkehrskommissariats.
2021 informierte die Polizei die Fahrerlaubnisbehörde der Stadt in rund 30 Verfahren gegen Raser.
Verurteilt das Amtsgericht einen Anklagten auf Grundlage von § 315d StGB und entzieht ihm die Fahrerlaubnis, verhängt die Stadt zusätzlich eine Sperrfrist, in der die Fahrerlaubnis nicht erteilt werden darf.
Raser können die Neuerteilung der Fahrerlaubnis zum Ablauf der Sperrfrist beantragen. Neben den Verwaltungsgebühren kommen dann die Kosten für eine MPU hinzu, so dass schnell vierstellige Beträge erreicht werden.
Erst mit positivem MPU-Gutachten wird eine Neuerteilung möglich. In neun Verfahren wurde die Fahrerlaubnis entzogen bzw. eine Sperre für den (Neu-) Erwerb der Fahrerlaubnis durch das Amtsgericht verhängt – zum Teil mit langen Sperrfristen von über einem Jahr.
Vier der verurteilten Raser besaßen keine Fahrerlaubnis und dürfen diese vor Ablauf der Sperrfrist auch nicht erwerben.
Deutliche Worte findet auch der Leitende Polizeidirektor Ralf Ziegler als Leiter der Direktion Verkehr der Dortmunder Polizei:
„Raser sind respektlos. Töten sie einen Menschen, zerstören sie Familien und Freundschaften. Denn hinter jedem Opfer stehen mindestens 100 Familienangehörige, Freunde, Bekannte und Arbeitskollegen, aus deren Mitte ein Mensch gerissen wird. Ich fordere Raser auf: Hören Sie auf damit. Zeigen Sie Respekt vor dem Leben.“
Seit rund zehn Jahren informiert auch das Polizeipräsidium Dortmund mit dem „Crash Kurs NRW“ Schülerinnen und Schüler über Unfallrisiken im Straßenverkehr.
Einsatzkräfte von Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst, Notfallseelsorger, Unfallbeteiligte und Angehörige berichten, wie sie sehr schwere Unfälle erlebt haben.
Unter den „Crash Kurs“-Darstellerinnen und -darstellern ist auch die Dortmunderin Claudia Wagner.
Am 11. Juni 2014 tötete in Nürnberg ein Raser ihre damals 18-jährige Tochter Marie.
Mit ihren Beiträgen beim Crash Kurs möchte Claudia Wagner dem Tod ihrer Tochter einen Sinn geben. Sie berichtet aus der Perspektive einer Mutter über den Verlust ihrer Tochter.
An die Raser-Szene in Dortmund richtete Claudia Wagner am 8. März bei einem Medientermin auf der Bundesstraße 1 eine klare Botschaft:
„Meine Marie hätte jetzt ihr Studium abgeschlossen. Sie würde ins Berufsleben starten und später eine eigene Famile gründen.
Und ich würde heute nicht hier stehen, um vor den tödlichen Folgen eines Rennens zu warnen und über das für Außenstehende nicht nachvollziehbare und vor allem vermeidbare Leid der Angehörigen sprechen.
Ihnen, den Rasern, sage ich: Freundschaft und Familie haben sicher auch bei Ihnen einen sehr hohen Stellenwert. Wenn das so ist, dann stoppen Sie bitte ein für alle Mal diese verbotenen Rennen. Geben Sie Maries Tod einen Sinn.“
Quelle Polizei Dortmund
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